Kann man Klang messen?: Unterschied zwischen den Versionen

(Grundlagen für Messungen)
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Das ist auch der Grund, warum Myro sich nicht in die Tiefen einzelner Messmodelle und Ersatzschaltbilder begibt. Man schaut sich hingegen die Signal- / Schallstruktur direkt an, bevor sie sich unter Annahmen und Ausschlüssen in die Enge eines Modells verabschiedet. Dafür wurde auch das Dynamic Measurement Verfahren ausgedacht. <br />
 
Das ist auch der Grund, warum Myro sich nicht in die Tiefen einzelner Messmodelle und Ersatzschaltbilder begibt. Man schaut sich hingegen die Signal- / Schallstruktur direkt an, bevor sie sich unter Annahmen und Ausschlüssen in die Enge eines Modells verabschiedet. Dafür wurde auch das Dynamic Measurement Verfahren ausgedacht. <br />
 
Das Messtechnik-Equipment sollte natürlich auch in Ordnung sein. Der Messverstärker muss in der Lage sein, ein sauberes Rechteck auszugeben. Eine sehr große Zahl von Verstärkern ist nicht in der Lage, tieffrequente Rechtecksignale oder gar einen reinen DC-Sprung zu liefern. Auch eine saubere Anstiegsflanke stellt für Verstärker in der Regel ein Problem dar. <br />
 
Das Messtechnik-Equipment sollte natürlich auch in Ordnung sein. Der Messverstärker muss in der Lage sein, ein sauberes Rechteck auszugeben. Eine sehr große Zahl von Verstärkern ist nicht in der Lage, tieffrequente Rechtecksignale oder gar einen reinen DC-Sprung zu liefern. Auch eine saubere Anstiegsflanke stellt für Verstärker in der Regel ein Problem dar. <br />
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Die Wahl des Messmikrofons ist ebenfalls von großer Bedeutung (nebst Halterung). Es hat linear und extrem breitbandig zu sein. Das Messequipment sollte mehrere Oktaven breitbandiger sein als das Messobjekt. Bereits für eine seriöse 20 kHz Messung braucht man ein Mikrofon mit einer Membraneigenresonanz von mindestens 40 kHz, besser noch 80 kHz! Eine entsprechende Linearität des Frequenzgangs vorausgesetzt. Um z.B. 25 kHz halbwegs sauber messen zu können, sollte das Mikrofon bis mindestens 100 kHz linear sein. Ansonsten sieht auch der Anfang des Rechtecksignals / der Sprungantwort verbogen aus. Die Mehrzahl der Mikrofone zeigt bereits deutliche Abweichungen ab 15 kHz. Für die im Falle des Diamanthochtöners anvisierten Messungen bis 50 kHz kommen nur wenige Messkapseln in Frage, denn zum Aufspüren von etwaigen Menbranresonanzen sind Messungen im Ultraschallbereich erforderlich. <br />
 
Die Wahl des Messmikrofons ist ebenfalls von großer Bedeutung (nebst Halterung). Es hat linear und extrem breitbandig zu sein. Das Messequipment sollte mehrere Oktaven breitbandiger sein als das Messobjekt. Bereits für eine seriöse 20 kHz Messung braucht man ein Mikrofon mit einer Membraneigenresonanz von mindestens 40 kHz, besser noch 80 kHz! Eine entsprechende Linearität des Frequenzgangs vorausgesetzt. Um z.B. 25 kHz halbwegs sauber messen zu können, sollte das Mikrofon bis mindestens 100 kHz linear sein. Ansonsten sieht auch der Anfang des Rechtecksignals / der Sprungantwort verbogen aus. Die Mehrzahl der Mikrofone zeigt bereits deutliche Abweichungen ab 15 kHz. Für die im Falle des Diamanthochtöners anvisierten Messungen bis 50 kHz kommen nur wenige Messkapseln in Frage, denn zum Aufspüren von etwaigen Menbranresonanzen sind Messungen im Ultraschallbereich erforderlich. <br />
 
Zu den realen Betriebsbedingungen zählt bei Lautsprechern ein Hör- / Messabstand von normalerweise mehr als 2 m. Wichtig ist, dass die Anstiegsflanken der Chassis bei ''praxisgerechter'' Entfernung des Mikrofons in richtiger Relation zueinander stehen: Je nach Lautsprechermodell ist praxisnah bei ''Myro'' 1,5 - 5 m (ab 3 m Freifeld). Wer seine Lautsprecher auf 1 m Abstand entwickelt, wird erfahren, dass es bei praxisnahen Hörabständen nicht mehr stimmt. In Anbetracht der Not, mangels ausreichend großer, reflexionsbedämpfter Schallmessräume möglichst glatte Messkurven zwecks Veröffentlichung zu erhalten, hat sich aber die Messung innerhalb kurzer Abstände etabliert. Zu Zeiten, da die Macht der Testzeitschriften ungebrochen war, haben einige Hersteller die dort notgedrungenermaßen angewandten Messbedingungen regelrecht kopiert, um im Test die darauf bezogenen guten Bewertungen zu bekommen. Somit passen alle, die unter diesen Bedingungen messen, ihre Messbedingungen einer Notlage an, jedoch nicht den praxisgerechten und naturgesetzlichen Bedingungen.  
 
Zu den realen Betriebsbedingungen zählt bei Lautsprechern ein Hör- / Messabstand von normalerweise mehr als 2 m. Wichtig ist, dass die Anstiegsflanken der Chassis bei ''praxisgerechter'' Entfernung des Mikrofons in richtiger Relation zueinander stehen: Je nach Lautsprechermodell ist praxisnah bei ''Myro'' 1,5 - 5 m (ab 3 m Freifeld). Wer seine Lautsprecher auf 1 m Abstand entwickelt, wird erfahren, dass es bei praxisnahen Hörabständen nicht mehr stimmt. In Anbetracht der Not, mangels ausreichend großer, reflexionsbedämpfter Schallmessräume möglichst glatte Messkurven zwecks Veröffentlichung zu erhalten, hat sich aber die Messung innerhalb kurzer Abstände etabliert. Zu Zeiten, da die Macht der Testzeitschriften ungebrochen war, haben einige Hersteller die dort notgedrungenermaßen angewandten Messbedingungen regelrecht kopiert, um im Test die darauf bezogenen guten Bewertungen zu bekommen. Somit passen alle, die unter diesen Bedingungen messen, ihre Messbedingungen einer Notlage an, jedoch nicht den praxisgerechten und naturgesetzlichen Bedingungen.  
  
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=== Die Oszilloskop-Messung ===
 
=== Die Oszilloskop-Messung ===

Version vom 25. März 2016, 23:09 Uhr

Grundlagen für Messungen

Der Begriff "Elektroakustischer Wandler" ist eigentlich verkürzt. Genauer wäre: "Elektro-mechanisch-termisch-akustischer Wandler". Darin spiegelt sich die Komplexität wider, mit der wir es zu tun haben. Und das ist auch der Grund, warum die in Simulationen angewendeten Modelle nicht wirklich greifen. Es müssen einfach zu viele Annahmen und Ausschlüsse gemacht werden. Theorien und Messtechnik sind zu komplex für einfache Modellbildungen. Nahezu jedes Teil eines Chassis ist nichtlinear, z.B. die Aufhängungen. Sie haben eine Nachgiebigkeit, die einer gewissen Funktion entspricht, zumindest theoretisch. Sie haben aber auch ein Resonanzverhalten. Sie erzeugen Eigenschwingungen, die sich als Körperschall im Material, in damit verbundene Materialien und in der Umgebung in Form von Schallwellen ausbreiten, die reflektiert werden usw. Die Wechselwirkung mit den anderen Bestandteilen des Chassis sind vielfältig, komplex, chaotisch, z.B. die Membran oder das Gehäuse.
Das ist auch der Grund, warum Myro sich nicht in die Tiefen einzelner Messmodelle und Ersatzschaltbilder begibt. Man schaut sich hingegen die Signal- / Schallstruktur direkt an, bevor sie sich unter Annahmen und Ausschlüssen in die Enge eines Modells verabschiedet. Dafür wurde auch das Dynamic Measurement Verfahren ausgedacht.
Das Messtechnik-Equipment sollte natürlich auch in Ordnung sein. Der Messverstärker muss in der Lage sein, ein sauberes Rechteck auszugeben. Eine sehr große Zahl von Verstärkern ist nicht in der Lage, tieffrequente Rechtecksignale oder gar einen reinen DC-Sprung zu liefern. Auch eine saubere Anstiegsflanke stellt für Verstärker in der Regel ein Problem dar.

PS261.jpg

ESS PS-261

Die Wahl des Messmikrofons ist ebenfalls von großer Bedeutung (nebst Halterung). Es hat linear und extrem breitbandig zu sein. Das Messequipment sollte mehrere Oktaven breitbandiger sein als das Messobjekt. Bereits für eine seriöse 20 kHz Messung braucht man ein Mikrofon mit einer Membraneigenresonanz von mindestens 40 kHz, besser noch 80 kHz! Eine entsprechende Linearität des Frequenzgangs vorausgesetzt. Um z.B. 25 kHz halbwegs sauber messen zu können, sollte das Mikrofon bis mindestens 100 kHz linear sein. Ansonsten sieht auch der Anfang des Rechtecksignals / der Sprungantwort verbogen aus. Die Mehrzahl der Mikrofone zeigt bereits deutliche Abweichungen ab 15 kHz. Für die im Falle des Diamanthochtöners anvisierten Messungen bis 50 kHz kommen nur wenige Messkapseln in Frage, denn zum Aufspüren von etwaigen Menbranresonanzen sind Messungen im Ultraschallbereich erforderlich.
Zu den realen Betriebsbedingungen zählt bei Lautsprechern ein Hör- / Messabstand von normalerweise mehr als 2 m. Wichtig ist, dass die Anstiegsflanken der Chassis bei praxisgerechter Entfernung des Mikrofons in richtiger Relation zueinander stehen: Je nach Lautsprechermodell ist praxisnah bei Myro 1,5 - 5 m (ab 3 m Freifeld). Wer seine Lautsprecher auf 1 m Abstand entwickelt, wird erfahren, dass es bei praxisnahen Hörabständen nicht mehr stimmt. In Anbetracht der Not, mangels ausreichend großer, reflexionsbedämpfter Schallmessräume möglichst glatte Messkurven zwecks Veröffentlichung zu erhalten, hat sich aber die Messung innerhalb kurzer Abstände etabliert. Zu Zeiten, da die Macht der Testzeitschriften ungebrochen war, haben einige Hersteller die dort notgedrungenermaßen angewandten Messbedingungen regelrecht kopiert, um im Test die darauf bezogenen guten Bewertungen zu bekommen. Somit passen alle, die unter diesen Bedingungen messen, ihre Messbedingungen einer Notlage an, jedoch nicht den praxisgerechten und naturgesetzlichen Bedingungen.


Die Oszilloskop-Messung

Wenn man sich die Schallstuktur eines Musikstücks auf dem Oszilloskop ansieht, kann man erkennen, dass die Musik ganz wesentlich eine Folge von Transienten ist. Das markante an den Transienten ist, dass sie wie Hochhäuser aus dem Klanggemisch hervor ragen. Sie sind die um ein vielfaches lauteren Schallstrukturen, eben genau die Peaks, welche die Verdeckungseffekte in Bezug auf nachfolgende Schallwellen bewirken. Myro macht seit sehr langer Zeit Schallaufnahmen mit dem Oszilloskop und sucht bzw. entwickelt Schallwellenformen, die geeignet sind, bei möglichst eindeutiger Aussagekraft einen Lautsprecher auf dessen Wandlerfähigkeit hin zu überprüfen. Beim Vorschalten verschiedener Filter sieht man bei gleichbleibendem zeitlichen Ursprung z.B. die der Filtersteilheit entsprechende Änderung der zeitlichen Ausdehnung der ersten Halbwelle und die Amplitudenänderungen. Genau genommen kann ein Chassis nur bei exakt einer einzigen Frequenz die erste Halbwelle mit der richtigen Frequenz wiedergeben! Dies ist ganz einfach mit Oszilloskopmessungen nachzuvollziehen.
Oszilloskopmessungen liefern das komplexeste Abbild von Schallereignissen, die Schalldruckschwankungen mit ihrem zeitlichen Verlauf. Sie sind die Basis für mathematisch generierte, komplexitätsreduzierte, theoretische Auswertungsaspekte. Sie sind somit näher an der wirklichen Natur des Schalls als die mathematischen Ableitungen aus ihnen. Mit Oszilloskopemessungen kann man nachweisen und überprüfen, ob Entwicklungen und Einstellungen anhand von mathematisch abgeleiteten Messmodellen in der Komplexität der Wirklichkeit des Schalls funktionieren oder nicht.

Slimline .jpg

Myro Slimline

Die Sprungantwort

Eine Sprungantwort erhält man nur als Antwort auf einen Sprung. Nur ein Sprung regt einen Wandler so an wie ein Sprung. Und nur wenn ein Wandler mit einem Sprung angeregt wurde, kann er eine Sprungantwort geben. Sobald man eine Anregung verwendet, die den Wandler in einen eingeschwungenen Zustand versetzt, enthält die daraus ermittelte "rechnerische Sprungantwort" nicht die identische Information. Aus Einschwingvorgängen periodisch wiederkehrende Signale zu machen, führt in die falsche Richtung. Einschwingvorgänge, wie alles in der Musik, wiederholen sich nicht in identischer Form und eingeschwungene Zustände sind in der Musik nur elektronisch erzeugt möglich. Musik ist grundsätzlich eine Folge wechselnder Einschwingvorgänge. Eingeschwungene Zustände kommen nur näherungsweise und eher leise vor.
Die Sprungantwort ist ein Messsignal mit einem nicht unbedeutendem Unterschied zum Impuls. Sie liefert im Verhältnis zum Impuls die Energie, die notwendig ist, um das gesamte System vollständig anzuregen. Durch die Ableitungen von Sprungantworten oder Impulsantworten werden hingegen nur Teilaspekte berechnet. Die Information über die vollständige ursprüngliche Signalform ist dann nicht mehr zu sehen. Interpretationen können sich aber immer nur auf die in der Ableitung enthaltenen Parameter (unter den Annahmen, Ausschlüsse und Bedingungen des Messmodells und des angewendeten mathematischen Modells) beziehen. Messungen und deren mathematische Ableitungen, die aus Signalformen resultieren, die die Lautsprecherchassis während des Messvorganges im schwingenden Zustand halten, sind für die Beurteilung der Einschwingvorgänge und somit des Gesamtverhaltens nicht geeignet.
Lautsprecher sind komplexe Wandler, elektro-mechanisch-termisch-akustisch, und lassen sich nicht mit einem elektrischen Ersatzschaltbild vollständig beschreiben. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die eine richtige Sprungantwort, die richtige Wandlung, ausschließen. Alle sind einzeln Ausschlusskriterien!

Dynamic Measurement

Das von Myro mitentwickelte Dynamic Measurement Verfahren ist keine alternative Methode zur Ermittlung der Sprungantwort oder zur Frequenzanalyse und steht somit nicht in Konkurrenz zu anderen Messsystemen. Sinn des Dynamic Measurement Verfahrens ist die Messung von Signalen auf der Zeitebene. Dabei wird ein Signal in eine Übertragungsstrecke gegeben und mit dem Ausgangssignal verglichen. Prinzipiell ist es dabei unerheblich, welches Signal verwendet wird, Hauptsache es befindet sich innerhalb der Übertragungsbandbreite der Übertragungsstrecke.
Bei der Musikwiedergabe wird ein elektroakustischer Wandler mit einer komplexen Signalstruktur angeregt. Die Verwendung einer Halbwelle oder einer Sinusperiode als Messsignal dient der Vereinfachung der Erkennung der Wandlereigenschaften von Lautsprechern gegenüber der Messung mit komplexeren Signalformen. Das Dynamic Measurement Verfahren ist damit eine noch bessere Grundlage für die Interpretation des dynamischen Verhaltens. Es zerlegt die Sprungmessung praktisch in Halbwellen und stellt sie einzeln in 3D dar. Hierbei wird der Bezug zu der jeweiligen Frequenz hergestellt und die Effekte werden besser zuzuordnen.

Fortsetzung folgt...

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