Kann man Klang messen?

Version vom 20. März 2016, 00:08 Uhr von 109.47.111.213 (Diskussion) (Die Oszilloskop-Messung)

Der Begriff "Elektroakustischer Wandler" ist eigentlich verkürzt. Genauer wäre: "Elektro-mechanisch-termisch-akustischer Wandler". Darin spiegelt sich die Komplexität wider, mit der wir es zu tun haben. Und das ist auch der Grund, warum die in Simulationen angewendeten Modelle nicht wirklich greifen. Es müssen einfach zu viele Annahmen und Ausschlüsse gemacht werden. Theorien und Messtechnik sind zu komplex für einfache Modellbildungen. Nahezu jedes Teil eines Chassis ist nichtlinear, z.B. die Aufhängungen. Sie haben eine Nachgiebigkeit, die einer gewissen Funktion entspricht, zumindest theoretisch. Sie haben aber auch ein Resonanzverhalten. Sie erzeugen Eigenschwingungen, die sich als Körperschall im Material, in damit verbundene Materialien und in der Umgebung in Form von Schallwellen ausbreiten, die reflektiert werden usw. Die Wechselwirkung mit den anderen Bestandteilen des Chassis sind vielfältig, komplex, chaotisch, z.B. die Membran oder das Gehäuse.
Das ist auch der Grund, warum Myro sich nicht in die Tiefen einzelner Messmodelle und Ersatzschaltbilder begibt. Man schaut sich hingegen die Signal- / Schallstruktur direkt an, bevor sie sich unter Annahmen und Ausschlüssen in die Enge eines Modells verabschiedet. Dafür wurde auch das Dynamic Measurement Verfahren ausgedacht.

Die Oszilloskop-Messung

Wenn man sich die Schallstuktur eines Musikstücks auf dem Oszilloskop ansieht, kann man erkennen, dass die Musik ganz wesentlich eine Folge von Transienten ist. Das markante an den Transienten ist, dass sie wie Hochhäuser aus dem Klanggemisch hervor ragen. Sie sind die um ein vielfaches lauteren Schallstrukturen, eben genau die Peaks, welche die Verdeckungseffekte in Bezug auf nachfolgende Schallwellen bewirken. Hörschwellen treten in Bezug auf Mindestlautstärken und in Bezug auf Verdeckungseffekte auf. Beides trifft aber gerade auf die Transienten nicht zu. Sie sind die lautesten Schwingungen, also zuerst wahrnehmbar, und sie sind die Schallschwingungen, die Verdeckungseffekte erst auslösen. Nebenbei bemerkt sind bei gesunden Hörorganen sind die Verdeckungseffekte wesentlich weniger ausgeprägt als bei nicht voll funktionsfähigen Hörorganen.

Myro macht seit sehr langer Zeit Schallaufnahmen mit dem Oszilloskop und sucht bzw. entwickelt Schallwellenformen, die geeignet sind, bei möglichst eindeutiger Aussagekraft einen Lautsprecher auf dessen Wandlerfähigkeit hin zu überprüfen.

Dynamic Measurement

Das Dynamic Measurement Verfahren ist keine alternative Methode zur Ermittlung der Sprungantwort oder zur Frequenzanalyse und steht somit nicht in Konkurrenz zu anderen Messsystemen. Sinn des Dynamic Measurement Verfahrens ist die Messung von Signalen auf der Zeitebene. Dabei wird ein Signal in eine Übertragungsstrecke gegeben und mit dem Ausgangssignal verglichen. Prinzipiell ist es dabei unerheblich, welches Signal verwendet wird, Hauptsache es befindet sich innerhalb der Übertragungsbandbreite der Übertragungsstrecke.
Bei der Musikwiedergabe wird ein elektroakustischer Wandler mit einer komplexen Signalstruktur angeregt. Die Verwendung einer Halbwelle oder einer Sinusperiode als Messsignal dient der Vereinfachung der Erkennung der Wandlereigenschaften von Lautsprechern gegenüber der Messung mit komplexeren Signalformen.

Fortsetzung folgt...

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