Die Oszilloskop-Messung
Das bestmögliche Zeit- / Signalverhalten ist das alleinige Kriterium für eine korrekte Wiedergabe. Die Untrennbarkeit von Zeit und Amplitude kennzeichnet allein das Hörbare. Damit kann letztlich auch nur dies das Kriterium für die Beurteilung von Lautsprechern sein. Die Visualisierung der Schallwellen erfolgt durch das Oszilloskop.
Ein Beispiel:
Wir nehmen den Anschlag einer Tom oder einer Klaviersaite mit einem Mikrofon auf. Das Mikrofon wandelt die akustische Schallwellenstruktur in eine elektrische Schwingungsstruktur. Diese elektrische Schwingungsstruktur ist von unseren elektroakustischen Wandlern (Lautsprechern) wieder in die äquivalente Schallwellenstruktur zu wandeln. Das einzige, was dabei zählt, ist, dass die elektrische Eingangsstruktur identisch ist mit der vom Wandler erzeugten akustischen Wellenstruktur.
Objektiv überprüfbar ist dies durch den Vergleich der Wellenformen mit Hilfe eines Oszilloskopes. Stimmen die Wellenformen überein, dann stimmen auch alle theoretischen Modellaspekte, wie zum Beispiel Frequenzgang, Phasengang und Klirr. Und auch die Tonhöhen werden dann korrekt wiedergegeben. Beim Lautsprecher kommt es nur darauf an, im zeitlichen Verlauf des Ereignisses, zu jedem Zeitpunkt die richtige Schallamplitude (inklusive der richtigen Polarität) zu erzeugen. Dann, nur dann können wir das aufgenommene Original, den Anschlag der Tom oder der Klaviersaite, originalgetreu hören, weil genau dieser Schalldruckverlauf auf unser Hörorgan wirkt. Wenn es Abweichungen gibt, was bei dem heutigen Stand der Lautsprechertechnik jedoch die Realität ist, dann können uns die theoretischen Modellaspekte behilflich sein, die Gründe dafür zu ermitteln.
Messdiagramme sind dafür da, dem kundigen Experten Hinweise auf Übertragungseigenschaften zu geben und dienen als Werkzeug für die Suche nach Fehlern und deren Ursachen. Eine Anleitung dafür, wie man Fehler vermeidet und wie die Rekonstruktion des Ursprungssignals zu schaffen ist, ist darin nicht enthalten. Nur Oszilloskop-Darstellungen zeigen die komplexe Schwingungsstruktur, die Schalldruckschwankungen, die auch unser Hörorgan anregen. Gleichwohl findet sich ein Phänomen in der Regel in jeder Teilansicht bzw. auf spezifische Art in jeder Messung wieder. Ein Beispiel.
Die Membranresonanz eines Mitteltöners sehen wir:
- im Frequenzgangdiagramm als Pegelüberhöhung
- bei der akustischen Phasenmessung als eine Phasendrehung
- im Gruppenlaufzeitdiagramm ebenso als Schwankung auf der Zeitebene
- bei der elektrischen Phasenmessung auch als Phasenschwankung
- im Wasserfalldiagramm im Ausschwingen auch als Rippel
- in der Impulsantwort als Nachschwinger
- bei der Sinusmessung als Verformung
- in der Spungantwort als Spitze mit nachfolgendem Einbruch und anschließendem Ringing etc. etc.
Es ist und bleibt jedoch die Membranresonanz eines Mitteltöners.
Wenn man sich die Schallstuktur eines Musikstücks auf dem Oszilloskop ansieht, kann man erkennen, dass die Musik ganz wesentlich eine Folge von Transienten ist. Das markante an den Transienten ist, dass sie wie Hochhäuser aus dem Klanggemisch hervor ragen. Sie sind die um ein vielfaches lauteren Schallstrukturen, eben genau die Peaks, welche die Verdeckungseffekte in Bezug auf nachfolgende Schallwellen bewirken. Myro macht seit sehr langer Zeit Schallaufnahmen mit dem Oszilloskop und sucht bzw. entwickelt Schallwellenformen, die geeignet sind, bei möglichst eindeutiger Aussagekraft einen Lautsprecher auf dessen Wandlerfähigkeit hin zu überprüfen. Beim Vorschalten verschiedener Filter sieht man bei gleichbleibendem zeitlichen Ursprung z.B. die der Filtersteilheit entsprechende Änderung der zeitlichen Ausdehnung der ersten Halbwelle und die Amplitudenänderungen. Genau genommen kann ein Chassis nur bei exakt einer einzigen Frequenz die erste Halbwelle mit der richtigen Frequenz wiedergeben! Dies ist ganz einfach mit Oszilloskopmessungen nachzuvollziehen.
Oszilloskopmessungen liefern das komplexeste Abbild von Schallereignissen, die Schalldruckschwankungen mit ihrem zeitlichen Verlauf. Sie sind die Basis für mathematisch generierte, komplexitätsreduzierte, theoretische Auswertungsaspekte. Sie sind somit näher an der wirklichen Natur des Schalls als die mathematischen Ableitungen aus ihnen. Mit Oszilloskopmessungen kann man nachweisen und überprüfen, ob Entwicklungen und Einstellungen anhand von mathematisch abgeleiteten Messmodellen in der Komplexität der Wirklichkeit des Schalls funktionieren oder nicht. Es ist kein Zauberwerk, ein einfaches Signal oder eine komplexe Signalstruktur durch eine Übertragungsstrecke zu leiten und sich anzuschauen, was am Ende heraus kommt. Hierbei gibt es ein richtig oder falsch. Richtig könnte man als "neutral" definieren. Bei groben Abweichungen von INPUT = OUTPUT entfällt eigentlich jede weitere Diskussion. Das Problem einer eindeutigen Beurteilung tritt dann auf, wenn die Abweichungen vielschichtig und / oder gering sind. Hier fängt die subjektive Interpretation objektiver Kriterien an. Bei vielen Diskussionen sind wir oft in diesem Bereich.
Zusammengefasst:
Die Oszilloskopedarstellungen zeigen uns das Ganze, den Klang. Ein theoretischer Modellaspekt zeigt uns nicht das Ganze, zeigt uns nicht den Klang. Irgendwie definierte (von wem auch immer) Ansprüche an die Erfüllung theoretischer Modellaspekte weisen für die menschliche Vorstellungskraft bezüglich des Klangereignisses keinerlei verwertbaren Bezug auf. Wer kann ernsthaft bei der Betrachtung eines Frequenzgang-, Phasengang-, Klirr K2 K3 K4- und Gruppenlaufzeitdiagramms den darin verborgenen Klangcharakter, das subtile Schwingen eines Instrumentes oder gar den Charakter einer Stimme beschreiben?
Das Zeit-/Signalverhalten, die Untrennbarkeit von Zeit und Amplitude kennzeichnet allein das Hörbare.
Damit kann letztlich nur dies das Kriterium für die Beurteilung von Lautsprechern sein.
|
Myro Kleiner Erlkönig
|