Wozu braucht man zeitrichtige Lautsprecher?: Unterschied zwischen den Versionen

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Perfektes Übertragungsverhalten des Lautsprechers von Impulsen im Zeitbereich trägt demnach entscheidend zu einer authentischen Wiedergabe von Musik bei.
 
Perfektes Übertragungsverhalten des Lautsprechers von Impulsen im Zeitbereich trägt demnach entscheidend zu einer authentischen Wiedergabe von Musik bei.
 
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Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei  24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.  
 
Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei  24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.  
  
Die folgenden Artikel aus ''Biologie in unserer Zeit, 1996'', beschreiben weitere Hintergründe über die Funktion des Gehörs:
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'''Das folgende Zitat ist dem Buch "Hifi hören", Vogel Verlag, 1979, von Heinz Josef Nisius entnommen:'''
 
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Wenn wir ein original Schallereignis, z.B. den Einschwingvorgang einer Gitarrenseite hören, dann hören wir eine bestimmte Signalstruktur. Wir hören diese Signalstruktur mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns. Daraus ergibt sich unser Höreindruck des Originals. Wenn wir eine Reproduktion genau so wahrnehmen wollen wie das Original,  
 
Wenn wir ein original Schallereignis, z.B. den Einschwingvorgang einer Gitarrenseite hören, dann hören wir eine bestimmte Signalstruktur. Wir hören diese Signalstruktur mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns. Daraus ergibt sich unser Höreindruck des Originals. Wenn wir eine Reproduktion genau so wahrnehmen wollen wie das Original,  
 
dann muss (!) die reproduzierte Schallstruktur identisch sein mit der original Schallstruktur, damit wir mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns dasselbe Hörergebnis haben. Die Reproduktion darf keine Annahmen hörphysiologischer oder hörpsychologischer Eigenarten in sich tragen, denn zweimal Hörphysiologie / -psychologie-Einfuss hintereinander ist absurd und unlogisch und kann niemals zum originalgleichen Höreindruck führen.
 
dann muss (!) die reproduzierte Schallstruktur identisch sein mit der original Schallstruktur, damit wir mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns dasselbe Hörergebnis haben. Die Reproduktion darf keine Annahmen hörphysiologischer oder hörpsychologischer Eigenarten in sich tragen, denn zweimal Hörphysiologie / -psychologie-Einfuss hintereinander ist absurd und unlogisch und kann niemals zum originalgleichen Höreindruck führen.
 
=== Phasenempfindlichkeit des Gehörs ===
 
Die Phasenempfindlichkeit, so auch die Erkennung von Fehlern im Phasengang, unterscheidet sich je nach Frequenzbereich. Im empfindlichen Hörbereich nehmen wir auch die Phasenverschiebungen empfindlicher war. Bei tiefen Frequenzen tritt aufgrund der Wellenlängen das Phänomen auf, dass Phasenverschiebungen bei Übertragung eines Klanges (Frequenzgemisch) die Grund- und Obertöne zeitlich extrem auseinander ziehen, denn 45° Phasenverschiebung bei tiefen Tönen entspricht einer viel längeren Zeit als bei hohen Tönen mit deren kurzen Wellenlängen.
 
 
Der Hörsinn reagiert:
 
*sehr empfindlich auf Phasenverschiebungen im Einschwingen (vor allem bei natürlichen Schallereignissen)
 
*empfindlich auf Phasenverschiebungen innerhalb von Klängen
 
*unempfindlich auf Phasenverschiebungen isolierter eingeschwungener Töne
 
 
  
 
=== Hörtypen ===
 
=== Hörtypen ===
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Die sensorische Wahrnehmung von Druck ist eine der einfachsten Wahrnehmungsformen, die schon bei einfachen Lebensformen möglich ist. Die Frequenz von Druckschwankungen zu erkennen, die Tonhöhe im Gehirn zu erkennen und zu erinnern ist eine Erweiterung dieser Wahrnehmungsfähigkeit. Dynamik wird insbesondere als Differenz zwischen dem Mittelwert lauter Passagen und dem Mittelwert leiser Passagen empfunden. ''Druck-Hörer'' verspüren erst dann Wohlbefinden, wenn die Bass-Schallwellen den inneren Bauchraum stimulieren. Sie fühlen sich von zu viel Information und zu schnellen Vorgängen überfordert. Das geht häufig einher mit einer eingeschränkten Wahrnehmung von Räumlichkeit. <br />
 
Die sensorische Wahrnehmung von Druck ist eine der einfachsten Wahrnehmungsformen, die schon bei einfachen Lebensformen möglich ist. Die Frequenz von Druckschwankungen zu erkennen, die Tonhöhe im Gehirn zu erkennen und zu erinnern ist eine Erweiterung dieser Wahrnehmungsfähigkeit. Dynamik wird insbesondere als Differenz zwischen dem Mittelwert lauter Passagen und dem Mittelwert leiser Passagen empfunden. ''Druck-Hörer'' verspüren erst dann Wohlbefinden, wenn die Bass-Schallwellen den inneren Bauchraum stimulieren. Sie fühlen sich von zu viel Information und zu schnellen Vorgängen überfordert. Das geht häufig einher mit einer eingeschränkten Wahrnehmung von Räumlichkeit. <br />
 
Akustische Informationen lösen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung keine dreidimensionale bildhafte Vorstellung im Gehirn aus. Entsprechende Eigenschaften von Musik-Übertragungsketten werden somit nicht oder kaum wahrgenommen. Diese Personengruppe nimmt entsprechende Qualitäten oder Mängel eher als Klarheit oder Verschleierung war. Der Zugang zu Phänomenen der Dreidimensionalität bleibt hingegen verwehrt. Die akustische Ortung beschränkt sich auf die Lokalisation der Herkunft des Schalls, also darauf, ob es von links oder rechts oder aus der Mitte oder von unten oder oben kommt. Dies gilt für die tatsächliche Herkunft, z.B. aus einem Lautsprecher oder einer Reflexion von einer Wand. Dipol-Lautsprecher oder Lautsprecher mit rückseitigen Chassis (meist Hochtönern) sind hier ein Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Raum-Tiefe, da die Lokalisation der rückwärtigen Reflexionen Ersatz für das fehlende dreidimensionale Bild im Gehirn sind.
 
Akustische Informationen lösen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung keine dreidimensionale bildhafte Vorstellung im Gehirn aus. Entsprechende Eigenschaften von Musik-Übertragungsketten werden somit nicht oder kaum wahrgenommen. Diese Personengruppe nimmt entsprechende Qualitäten oder Mängel eher als Klarheit oder Verschleierung war. Der Zugang zu Phänomenen der Dreidimensionalität bleibt hingegen verwehrt. Die akustische Ortung beschränkt sich auf die Lokalisation der Herkunft des Schalls, also darauf, ob es von links oder rechts oder aus der Mitte oder von unten oder oben kommt. Dies gilt für die tatsächliche Herkunft, z.B. aus einem Lautsprecher oder einer Reflexion von einer Wand. Dipol-Lautsprecher oder Lautsprecher mit rückseitigen Chassis (meist Hochtönern) sind hier ein Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Raum-Tiefe, da die Lokalisation der rückwärtigen Reflexionen Ersatz für das fehlende dreidimensionale Bild im Gehirn sind.
 
 
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Die Phasenempfindlichkeit, so auch die Erkennung von Fehlern im Phasengang, unterscheidet sich je nach Frequenzbereich. Im empfindlichen Hörbereich nehmen wir auch die Phasenverschiebungen empfindlicher war. Bei tiefen Frequenzen tritt aufgrund der Wellenlängen das Phänomen auf, dass Phasenverschiebungen bei Übertragung eines Klanges (Frequenzgemisch) die Grund- und Obertöne zeitlich extrem auseinander ziehen, denn 45° Phasenverschiebung bei tiefen Tönen entspricht einer viel längeren Zeit als bei hohen Tönen mit deren kurzen Wellenlängen.
  
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Der Hörsinn reagiert:
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*sehr empfindlich auf Phasenverschiebungen im Einschwingen (vor allem bei natürlichen Schallereignissen)
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*empfindlich auf Phasenverschiebungen innerhalb von Klängen
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*unempfindlich auf Phasenverschiebungen isolierter eingeschwungener Töne
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Version vom 4. Februar 2016, 19:33 Uhr

Historische Entwicklung des Hörens

Im Laufe von Jahrmillionen der Evolution hat sich das Gehör von Lebewesen auf zwei Aspekte hin optimiert: Beute orten und Gefahr erkennen. In beiden Fällen spielt der impulsartige Charakter von akustischen Signalen, d.h. die Transienten, die entscheidende Rolle. Entsprechend wertet das Gehör als erstes jene Signalanteile zur Bewertung und groben Ortung von Signalen aus, die allgemein als „erste Wellenfront“ bezeichnet werden. Für das Lautstärkeempfinden sind die Transienten (Einschwingvorgänge) von besonderer Bedeutung. Die Nervensignalrate des Hörsinns (Nervenimpulse vom Gehör zum Gehirn) ist innerhalb der ersten Sekunden-Bruchteile eines Schallereignisses (dem Einschwingen) etwa 30-fach höher als bei den folgenden ausschwingenden Klängen. Dies ist die Folge der evolutionären Entwicklung des Gehörs mit der überlebenswichtigen Anforderung, mit extrem hoher Aufmerksamkeit auf abrupte Veränderungen zu reagieren, was eindeutig belegt, wo der Hörsinn seine höchste Empfindlichkeit hat. Erstaunlich ist, dass diese Signale innerhalb von nur ca. 10 Mikrosekunden ausgewertet werden. Diese Zeit umgerechnet in eine Frequenz (mit der Formel f = 1/t) ergibt eine Frequenz von 100.000 Herz!
Musikinstrumente wie beispielsweise Schlagzeuge, Glockenspiele, gezupfte Saiteninstrumente oder Klavier und Flügel erzeugen zahlreiche impulsartige Signale, und selbst weich gespielte Instrumente, wie beispielsweise Geigen, können beim Anspielen des ersten Tons ebenfalls zuerst ein impulsartiges Signal erzeugen. Wenn der Lautsprecher die ersten Halbwellen nicht rekonstruieren kann, dann verfehlt man die lautesten Stellen in der Musik. Eingeschwungene Töne gibt es bei natürlicher Musik nahezu ausnahmslos im Ausklingen von Tönen. Diese sind im Verhältnis zum Einschwingen leise und für das Erkennen und räumliche Ortung kaum von Bedeutung. Perfektes Übertragungsverhalten des Lautsprechers von Impulsen im Zeitbereich trägt demnach entscheidend zu einer authentischen Wiedergabe von Musik bei.

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Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei 24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.

Die folgenden Artikel (rechts aus) Biologie in unserer Zeit, 1996, beschreiben weitere Hintergründe über die Funktion des Gehörs.

Das folgende Zitat ist dem Buch "Hifi hören", Vogel Verlag, 1979, von Heinz Josef Nisius entnommen:

"Meß- und Hörvergleiche zeigen, dass das Impulsverhalten von Lautsprechern im Hinblick auf höchstmögliche Klangqualität gegebenenfalls wichtiger ist als ein auf ± 2 dB linearisierter Amplitudenfrequenzgang, gleichwohl dieser nicht unwichtig und auch eine Voraussetzung für gutes Impulsverhalten ist. Überspitzt formuliert kann man sagen, dass Impulstreue mit das wichtigste, zumindest das am schwersten zu erfüllende Qualitätskriterium eines Lautsprechers ist. Gleiches gilt auch für Tonabnehmer und Verstärker; beim Verstärker ist es allgemein anerkannt, beim Lautsprecher jedoch nicht.

Dass das Impulsverhalten, also das Ein- und Ausschwingverhalten von Lautsprechern, von ausschlaggebender Bedeutung für seine Klangqualität ist, wird erkennbar, wenn man eine monaurale Klavier-Tonbandaufnahme „falsch herum“, von hinten nach vorn abspielt. Auch lang ausgehaltene Akkorde sind dann nicht mehr als Klavierklang zu identifizieren, obwohl, insgesamt gesehen, frequenzamplitudenstatistisch „alles stimmt“. Allerdings sind die zeitlichen Zusammenhänge von Frequenz und Amplitude durcheinandergeraten. Und das verfälscht den Klang."


Der hörende Mensch

Beim hörenden Menschen treffen immer zwei wesentliche Aspekte aufeinander:

  • die Hörphysiologie
  • die Hörpsychologie

Die Hörphysiologie umfasst die Frequenzbandbreite und den Dynamikumfang des Gehörs sowie die Leitung der Nervenimpulse an das Gehirn.
Die Hörpsychologie umfasst die determinierten Hörerfahrungen und deren Beziehung zu Lebenssituationen.

Die gesamte auditive Wahrnehmung wird wesentlich bestimmt durch die genetische, die naturale und die soziale Determination des Individuums. Der Mensch nimmt natürliche Schallereignisse, wie z.B. Musik, stets auf Basis seiner individuellen Determination war, in Natura ebenso wie bei der Reproduktion. Im Ergebnis entsteht immer auch ein Hör-Gefühl. Was uns beim Hören von reproduzierter Musik fehlt, ist die Referenz dafür, welche Information sich auf den Aufnahmen tatsächlich befindet. So unterliegt unsere Hörwahrnehmung immer auch einer Hörerwartung.

Wenn wir ein original Schallereignis, z.B. den Einschwingvorgang einer Gitarrenseite hören, dann hören wir eine bestimmte Signalstruktur. Wir hören diese Signalstruktur mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns. Daraus ergibt sich unser Höreindruck des Originals. Wenn wir eine Reproduktion genau so wahrnehmen wollen wie das Original, dann muss (!) die reproduzierte Schallstruktur identisch sein mit der original Schallstruktur, damit wir mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns dasselbe Hörergebnis haben. Die Reproduktion darf keine Annahmen hörphysiologischer oder hörpsychologischer Eigenarten in sich tragen, denn zweimal Hörphysiologie / -psychologie-Einfuss hintereinander ist absurd und unlogisch und kann niemals zum originalgleichen Höreindruck führen.

Hörtypen

Die Menschen lassen sich gemäß ihrer Vorlieben in drei Hörtypen einteilen. Wichtig bei der Differenzierung der Typen ist, dass jeder körperlich und geistig gesunde Mensch die Wahrnehmungsmuster aller drei Typen in sich trägt. Das, was eine Zuordnung zu einem Hörtyp begründet, ist seine Präferenz bei der Wahrnehmung. Wichtig zu bedenken ist auch, dass es bei jedem Menschen eine Schwankungsbandbreite gibt. Diese ist von vielen Faktoren wie zum Beispiel Hunger, Stress, Atmung, Wohlbefinden usw. abhängig. Daher bevorzugen wir in den unterschiedlichsten Zustands. / Stimmungslagen die für uns jeweils passende Musik.

Der "Druck-Hörtyp" oder "tonale Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • der Schalldruck
  • die Tonhöhe
  • die langsame Wahrnehmung
  • der eingeschwungene Ton
  • tiefe bis mittlere Töne

Die sensorische Wahrnehmung von Druck ist eine der einfachsten Wahrnehmungsformen, die schon bei einfachen Lebensformen möglich ist. Die Frequenz von Druckschwankungen zu erkennen, die Tonhöhe im Gehirn zu erkennen und zu erinnern ist eine Erweiterung dieser Wahrnehmungsfähigkeit. Dynamik wird insbesondere als Differenz zwischen dem Mittelwert lauter Passagen und dem Mittelwert leiser Passagen empfunden. Druck-Hörer verspüren erst dann Wohlbefinden, wenn die Bass-Schallwellen den inneren Bauchraum stimulieren. Sie fühlen sich von zu viel Information und zu schnellen Vorgängen überfordert. Das geht häufig einher mit einer eingeschränkten Wahrnehmung von Räumlichkeit.
Akustische Informationen lösen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung keine dreidimensionale bildhafte Vorstellung im Gehirn aus. Entsprechende Eigenschaften von Musik-Übertragungsketten werden somit nicht oder kaum wahrgenommen. Diese Personengruppe nimmt entsprechende Qualitäten oder Mängel eher als Klarheit oder Verschleierung war. Der Zugang zu Phänomenen der Dreidimensionalität bleibt hingegen verwehrt. Die akustische Ortung beschränkt sich auf die Lokalisation der Herkunft des Schalls, also darauf, ob es von links oder rechts oder aus der Mitte oder von unten oder oben kommt. Dies gilt für die tatsächliche Herkunft, z.B. aus einem Lautsprecher oder einer Reflexion von einer Wand. Dipol-Lautsprecher oder Lautsprecher mit rückseitigen Chassis (meist Hochtönern) sind hier ein Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Raum-Tiefe, da die Lokalisation der rückwärtigen Reflexionen Ersatz für das fehlende dreidimensionale Bild im Gehirn sind.

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Der "Rhythmus-Hörtyp" oder "analytische Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • schnelle rhythmische Strukturen
  • Impuls-Dynamik
  • Energie
  • Analytik
  • mittlere bis mittelhohe Töne

Eine komplexere und schnellere Wahrnehmung ist erforderlich, wenn es um Impulsdynamik und komplexe Schwingungsmuster geht. Dem Gehirn werden hierbei schnelle analytische Fähigkeiten abverlangt.

Der "Struktur-Hörtyp" oder "sinnliche Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • Mikro-Strukturen
  • Fein-Dynamik
  • Raumempfindung
  • Frequenzbandbreite
  • hohe und tiefste Töne

Dieser Hörtyp besitzt die ausgeprägten Eigenschaften der Visualisierung und Raum-Empfindung. Die Wahrnehmungsfähigkeit extrem schneller Vorgänge und hochkomplexer Strukturen gehört ebenso zu seinen Merkmalen.

Phasenempfindlichkeit des Gehörs

Die Phasenempfindlichkeit, so auch die Erkennung von Fehlern im Phasengang, unterscheidet sich je nach Frequenzbereich. Im empfindlichen Hörbereich nehmen wir auch die Phasenverschiebungen empfindlicher war. Bei tiefen Frequenzen tritt aufgrund der Wellenlängen das Phänomen auf, dass Phasenverschiebungen bei Übertragung eines Klanges (Frequenzgemisch) die Grund- und Obertöne zeitlich extrem auseinander ziehen, denn 45° Phasenverschiebung bei tiefen Tönen entspricht einer viel längeren Zeit als bei hohen Tönen mit deren kurzen Wellenlängen.

Der Hörsinn reagiert:

  • sehr empfindlich auf Phasenverschiebungen im Einschwingen (vor allem bei natürlichen Schallereignissen)
  • empfindlich auf Phasenverschiebungen innerhalb von Klängen
  • unempfindlich auf Phasenverschiebungen isolierter eingeschwungener Töne
Myro Ocean.jpg

Die Natur der Klänge

Natürliche Schallereignisse gründen im Prinzip auf der Anregung und dem Ausklingen. Am Beispiel einer Gitarren-Saite kann man den Vorgang gut beschreiben. Die Anregung der Saite erfolgt durch die Bewegungsenergie eines Fingers oder eines Plektrons. Die resulierende Initialschwingung der Saite ist ein Geräusch, das im wesentlichen von der Anschlagcharakteristik (Geschwindigkeit, Intensität, Ort) bestimmt wird. Unmittelbar nach der Anregung zwingt das Feder-Masse-System der Saite die Schwingungsfrequenz in Richtung der Resonanzfrequenz der Saite. Die Schwingungsenergie wird zudem auf dem Gitarrenkorpus übertragen und regt dort weitere Resonanzen an. All dies repräsentiert in der Summe den charakteristischen Klang dieses Instruments und die Spielweise des Musikers. Je nach Dämpfung der Saite klingt die Schwingung schnell oder langsam aus.
Die Einschwingvorgänge, auch Transienten genannt, beinhalten die höchsten Spitzenamplituden (Schallpegelmaxima) innerhalb der Musik. Sie sind vielfach lauter als das Ausklingen.
Die Transienten haben für die auditive Wahrnehmung eine herausragende Bedeutung. Sie sind maßgeblich für die Erkennung und Ortung von Schallereignissen. Ein Dauerton lässt sich praktisch nicht lokalisieren. Erst wenn einem Dauerton Transienten hinzugefügt werden, auch von sehr geringer Intensität (wie z.B. bei Verzerrungen), ist eine Ortung möglich. Wir orten Schallereignisse anhand ihrer Einschwingvorgänge. Daher ist es verständlich, dass sich bei der Lautsprecherwiedergabe eine möglichst richtige Wandlung der Einschwingvorgänge derart stark auf die räumliche Abbildung auswirkt.
Jeder neue Ton, jeder Laut einer Stimme, jede Note beginnt mit einer Transiente. Musik ist ein Transienten-Feuerwerk. Das macht die korrekte Reproduktion der Einschwingvorgänge so wichtig. Dauertöne unterschiedlicher Instrumente unterscheiden sich oft so wenig, so dass eine Unterscheidung der Instrumente nicht gelingt. Die Charakteristik der Einschwingvorgänge ist essentiell für das Erkennen und Orten von Schallquellen. Die wenigen Lautsprecher weltweit, die derart wandeln können, klingen darum impulsdynamischer, reiner, räumlich richtiger und authentischer. Fachmännisch betrachtet gehört die richtige Wandlung von Transienten zu der richtigen Übertragungsfunktion eines Lautsprechers, aber die Realisation dieses Anspruchs ist "nicht so einfach".
Die besondere Bedeutung der Einschwingvorgänge gründet zudem darin, dass unter Wohnraumbedingungen nur ein sehr kurzes Zeitfenster existiert, in dem wir den musikalischen Inhalt der Tonaufzeichnungen ungestört hören können. In einem typischen Hörraum vergehen weniger als 2 ms, bis die ersten Reflexionen dem ungetrübten Hörgenuss ein Ende bereiten. Danach hören wir eine Interaktion von Direktschall und Indirektschall (Reflexionen).




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