Wozu braucht man zeitrichtige Lautsprecher?: Unterschied zwischen den Versionen

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Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei  24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.  
 
Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei  24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.  
 
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Version vom 10. Februar 2016, 15:02 Uhr

Historische Entwicklung des Hörens

Im Laufe von Jahrmillionen der Evolution hat sich das Gehör von Lebewesen auf zwei Aspekte hin optimiert: Beute orten und Gefahr erkennen. In beiden Fällen spielt der impulsartige Charakter von akustischen Signalen, d.h. die Transienten, die entscheidende Rolle. Entsprechend wertet das Gehör als erstes jene Signalanteile zur Bewertung und groben Ortung von Signalen aus, die allgemein als „erste Wellenfront“ bezeichnet werden. Für das Lautstärkeempfinden sind die Transienten (Einschwingvorgänge) von besonderer Bedeutung. Die Nervensignalrate des Hörsinns (Nervenimpulse vom Gehör zum Gehirn) ist innerhalb der ersten Sekunden-Bruchteile eines Schallereignisses (dem Einschwingen) etwa 30-fach höher als bei den folgenden ausschwingenden Klängen. Dies ist die Folge der evolutionären Entwicklung des Gehörs mit der überlebenswichtigen Anforderung, mit extrem hoher Aufmerksamkeit auf abrupte Veränderungen zu reagieren, was eindeutig belegt, wo der Hörsinn seine höchste Empfindlichkeit hat. Erstaunlich ist, dass diese Signale innerhalb von nur ca. 10 Mikrosekunden ausgewertet werden. Diese Zeit umgerechnet in eine Frequenz (mit der Formel f = 1/t) ergibt eine Frequenz von 100.000 Herz!

Der knackende Zweig

Ein Zitat der Firma Manger (Hersteller des Mangerwandlers):
"Im 10- bis 100-Mikrosekundenbereich werden die Schallwerte dem Gehirn direkt ohne Wandlerwellen-Laufzeit zur Richtungs- und Charakterbestimmung signalisiert. Trotz des stattfindenden Erkennens des Schalls entsteht noch kein tonales Klang-Hören. Die schnellstmögliche Schallerkennung hat stattgefunden. (Alarmmeldung)."
Für die herausragenden Transienten gibt es die maximal erhöhte Aufmerksamkeit des Gehörs nebst dessen Fähigkeit, diese Transienten dem Gehirn noch vor der Frequenzanalyse zu signalisieren. Und das geschieht schon, bevor die "Wanderwelle" die Basilarmembran durchläuft und unabhängig davon! Als anschauliches Beispiel dient dazu das Knacken eines Zweiges - eine natürliche Transiente. Oder auch das Händeklatschen oder das feine Klicken einer kleinen Glasperle, die auf einem Steinfußboden aufprallt. Diese Schallereignisse bestehen aus einer extrem kurzzeitigen Impulsstruktur. Berechnet man das äquivalente Frequenzgemisch, aus dem sich diese Schallereignisse zusammensetzen, so liegen die tiefsten darin enthaltenen Frequenzen oftmals oberhalb dessen, was wir bei Hörtests mit Dauertönen überhaupt hören können. Und dennoch hören wir diese Schallereignisse, können sie auch noch voneinander unterscheiden und im frontalen Bereich bis auf ein Grad richtungsgenau und in der Entfernung orten.
Impulsstrukturen mit Frequenzanteilen bis hinab in den Mitteltonbereich sind im akustischen Sinne unser täglich Brot. Sie bilden für das menschliche Hörorgan den für das Erkennen und Orten wesentlichen Schallanteil. Sie beinhalten bei natürlichen Schallereignissen die höchsten Amplituden. Hier ist die Empfindlichkeit des Gehörs am weitesten ausgeprägt. Das hat sich evolutionär so herausgebildet, es macht für uns den größten Sinn. Die Erkennung und Ortungsfähigkeit lässt in Richtung Bassbereich zunehmend nach und verschwindet im Tiefbassbereich nahezu. Brechen wir hingegen mehrere ca. 1 cm dicke, kurze, trockene Zweige, so klingt jedes Knacken anders und die Ortung funktioniert einwandfrei. Ein solches Geräusch, bei den darin fehlenden tieffrequenten Anteilen, löst die zur Frequenzanalyse in der Basilarmembran erforderliche Wanderwelle gar nicht aus. Wir hören, orten und charakterisieren einen knackenden Zweig ohne Frequenzanalyse, allein durch das Erkennen von Transienten! Will man Rückschlüsse auf die Hörbarkeit von etwas ziehen, so kommt man um die Schallstrukturanalyse nicht herum. Wir können den "Klangunterschied" verschiedener knackender Zweige hören, wir hören dementsprechend den "Klangunterschied" verschiedener Transienten.


Das asynchrone Einschwingen von Lautsprecherchassis innerhalb eines Lautsprechers führt zu starken, teilweise sogar einhundertprozentigen Verzerrungen von Impulsen. Jedes derartige Lautsprechermodell erzeugt eine ihm eigene künstliche Impulsstruktur. Der Klang der Impulswiedergabe der verschiedenen Lautsprechermodelle unterscheidet sich in etwa so wie der Klang der verschiedenen oben genannten Zweige. Es wird im gewissen Sinne sogar so etwas wie eine Gleichheit erzeugt, da die Reaktion auf unterschiedliche Impulse, wie z.B. die knackenden Zweige, zu weitgehend ähnlichen, künstlich durch Asynchronität hervorgerufenen Druck-Zeit-Strukturen führt. Dabei geht der ursprüngliche Klangcharakter der Schallereignisse verloren.


Die folgenden Artikel (rechts) aus Biologie in unserer Zeit, 1996, beschreiben weitere Hintergründe über die Funktion des Gehörs.

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Myro Musikus






Musik

Musikinstrumente wie beispielsweise Schlagzeuge, Glockenspiele, gezupfte Saiteninstrumente oder Klavier und Flügel erzeugen zahlreiche impulsartige Signale, und selbst weich gespielte Instrumente, wie beispielsweise Geigen, können beim Anspielen des ersten Tons ebenfalls zuerst ein impulsartiges Signal erzeugen. Wenn der Lautsprecher die ersten Halbwellen nicht rekonstruieren kann, dann verfehlt man die lautesten Stellen in der Musik. Eingeschwungene Töne gibt es bei natürlicher Musik nahezu ausnahmslos im Ausklingen von Tönen. Diese sind im Verhältnis zum Einschwingen leise und für das Erkennen und räumliche Ortung kaum von Bedeutung. Eingeschwungene Zustände wiederzugeben ist das, was heutige "sowieso schon gute LS" einigermaßen gut beherrschen. Das ist aber nur ein Teil des Musikgeschehens. Musik und andere Schallereignisse sind geprägt durch sprunghafte Wechsel, Einschwingvorgänge, Transienten. Musik ist auch Rhythmus, lebt von der Impulsdynamik. In der Musik, genauso bei natürlichen Umgebungsgeräuschen, z.B. in einem Film, erkennen und orten wir Schallquellen und Reflexionen, erhalten Information über Räume und Distanzen durch die zeitliche Kohärenz der Ereignisse. Das ist akustische Dreidimensionalität. Perfektes Übertragungsverhalten des Lautsprechers von Impulsen im Zeitbereich trägt demnach entscheidend zu einer authentischen Wiedergabe von Musik bei.
Die meisten Lautsprecher jedoch erzeugen beim Einschwingen Verzerrungen in Größenordnungen, die wir bei anderen Geräten nicht tolerieren würden. Bei einem Digital-Analog-Wandler verlangen wir zum Beispiel die Bit-genaue Wandlung der Musikdaten. Die meisten Lautsprecher hingegen verzerren Einschwingvorgänge in einer Größenordnung, die einem digitalen Daten-Blackout gleicht. Bereits die erste hundertstel Sekunde des Einschwingvorgangs beinhaltet beim CD-Format 7056 Nullen und Einsen, bei 24 Bit / 192 kHz sind es sogar 46080 Bits, welche sie beim Einschwingen sozusagen beliebig durcheinander würfeln. Sie erzeugen damit künstliche und falsche Schallwellen, welche nicht der Musikaufnahme entsprechen.

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Myro Floor Monitor

Das folgende Zitat ist dem Buch "Hifi hören", Vogel Verlag, 1979, von Heinz Josef Nisius entnommen:

"Meß- und Hörvergleiche zeigen, dass das Impulsverhalten von Lautsprechern im Hinblick auf höchstmögliche Klangqualität gegebenenfalls wichtiger ist als ein auf ± 2 dB linearisierter Amplitudenfrequenzgang, gleichwohl dieser nicht unwichtig und auch eine Voraussetzung für gutes Impulsverhalten ist. Überspitzt formuliert kann man sagen, dass Impulstreue mit das wichtigste, zumindest das am schwersten zu erfüllende Qualitätskriterium eines Lautsprechers ist. Gleiches gilt auch für Tonabnehmer und Verstärker; beim Verstärker ist es allgemein anerkannt, beim Lautsprecher jedoch nicht.

Dass das Impulsverhalten, also das Ein- und Ausschwingverhalten von Lautsprechern, von ausschlaggebender Bedeutung für seine Klangqualität ist, wird erkennbar, wenn man eine monaurale Klavier-Tonbandaufnahme „falsch herum“, von hinten nach vorn abspielt. Auch lang ausgehaltene Akkorde sind dann nicht mehr als Klavierklang zu identifizieren, obwohl, insgesamt gesehen, frequenzamplitudenstatistisch „alles stimmt“. Allerdings sind die zeitlichen Zusammenhänge von Frequenz und Amplitude durcheinandergeraten. Und das verfälscht den Klang."


Der hörende Mensch

Beim hörenden Menschen treffen immer zwei wesentliche Aspekte aufeinander:

  • die Hörphysiologie
  • die Hörpsychologie

Die Hörphysiologie umfasst die Frequenzbandbreite und den Dynamikumfang des Gehörs sowie die Leitung der Nervenimpulse an das Gehirn.
Die Hörpsychologie umfasst die determinierten Hörerfahrungen und deren Beziehung zu Lebenssituationen.

Die gesamte auditive Wahrnehmung wird wesentlich bestimmt durch die genetische, die naturale und die soziale Determination des Individuums. Der Mensch nimmt natürliche Schallereignisse, wie z.B. Musik, stets auf Basis seiner individuellen Determination war, in Natura ebenso wie bei der Reproduktion. Im Ergebnis entsteht immer auch ein Hör-Gefühl. Was uns beim Hören von reproduzierter Musik fehlt, ist die Referenz dafür, welche Information sich auf den Aufnahmen tatsächlich befindet. So unterliegt unsere Hörwahrnehmung immer auch einer Hörerwartung.

Wenn wir ein original Schallereignis, z.B. den Einschwingvorgang einer Gitarrenseite hören, dann hören wir eine bestimmte Signalstruktur. Wir hören diese Signalstruktur mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns. Daraus ergibt sich unser Höreindruck des Originals. Wenn wir eine Reproduktion genau so wahrnehmen wollen wie das Original, dann muss (!) die reproduzierte Schallstruktur identisch sein mit der original Schallstruktur, damit wir mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns dasselbe Hörergebnis haben. Die Reproduktion darf keine Annahmen hörphysiologischer oder hörpsychologischer Eigenarten in sich tragen, denn zweimal Hörphysiologie / -psychologie-Einfuss hintereinander ist absurd und unlogisch und kann niemals zum originalgleichen Höreindruck führen.

Hörtypen

Die Menschen lassen sich gemäß ihrer Vorlieben in drei Hörtypen einteilen. Wichtig bei der Differenzierung der Typen ist, dass jeder körperlich und geistig gesunde Mensch die Wahrnehmungsmuster aller drei Typen in sich trägt. Das, was eine Zuordnung zu einem Hörtyp begründet, ist seine Präferenz bei der Wahrnehmung. Wichtig zu bedenken ist auch, dass es bei jedem Menschen eine Schwankungsbandbreite gibt. Diese ist von vielen Faktoren wie zum Beispiel Hunger, Stress, Atmung, Wohlbefinden usw. abhängig. Daher bevorzugen wir in den unterschiedlichsten Zustands. / Stimmungslagen die für uns jeweils passende Musik.

Der "Druck-Hörtyp" oder "tonale Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • der Schalldruck
  • die Tonhöhe
  • die langsame Wahrnehmung
  • der eingeschwungene Ton
  • tiefe bis mittlere Töne

Die sensorische Wahrnehmung von Druck ist eine der einfachsten Wahrnehmungsformen, die schon bei einfachen Lebensformen möglich ist. Die Frequenz von Druckschwankungen zu erkennen, die Tonhöhe im Gehirn zu erkennen und zu erinnern ist eine Erweiterung dieser Wahrnehmungsfähigkeit. Dynamik wird insbesondere als Differenz zwischen dem Mittelwert lauter Passagen und dem Mittelwert leiser Passagen empfunden. Druck-Hörer verspüren erst dann Wohlbefinden, wenn die Bass-Schallwellen den inneren Bauchraum stimulieren. Sie fühlen sich von zu viel Information und zu schnellen Vorgängen überfordert. Das geht häufig einher mit einer eingeschränkten Wahrnehmung von Räumlichkeit.
Akustische Informationen lösen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung keine dreidimensionale bildhafte Vorstellung im Gehirn aus. Entsprechende Eigenschaften von Musik-Übertragungsketten werden somit nicht oder kaum wahrgenommen. Diese Personengruppe nimmt entsprechende Qualitäten oder Mängel eher als Klarheit oder Verschleierung war. Der Zugang zu Phänomenen der Dreidimensionalität bleibt hingegen verwehrt. Die akustische Ortung beschränkt sich auf die Lokalisation der Herkunft des Schalls, also darauf, ob es von links oder rechts oder aus der Mitte oder von unten oder oben kommt. Dies gilt für die tatsächliche Herkunft, z.B. aus einem Lautsprecher oder einer Reflexion von einer Wand. Dipol-Lautsprecher oder Lautsprecher mit rückseitigen Chassis (meist Hochtönern) sind hier ein Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Raum-Tiefe, da die Lokalisation der rückwärtigen Reflexionen Ersatz für das fehlende dreidimensionale Bild im Gehirn sind.

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Myro Spirit IV

Der "Rhythmus-Hörtyp" oder "analytische Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • schnelle rhythmische Strukturen
  • Impuls-Dynamik
  • Energie
  • Analytik
  • mittlere bis mittelhohe Töne

Eine komplexere und schnellere Wahrnehmung ist erforderlich, wenn es um Impulsdynamik und komplexe Schwingungsmuster geht. Dem Gehirn werden hierbei schnelle analytische Fähigkeiten abverlangt.

Der "Struktur-Hörtyp" oder "sinnliche Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • Mikro-Strukturen
  • Fein-Dynamik
  • Raumempfindung
  • Frequenzbandbreite
  • hohe und tiefste Töne

Dieser Hörtyp besitzt die ausgeprägten Eigenschaften der Visualisierung und Raum-Empfindung. Die Wahrnehmungsfähigkeit extrem schneller Vorgänge und hochkomplexer Strukturen gehört ebenso zu seinen Merkmalen.

Phasenempfindlichkeit des Gehörs

Bei der Diskussion über die Hörbarkeit von messtechnischen Differenzierungen, wie zum Beispiel der Phase oder der Sprungantwort, müssen wir uns zunächst die Frage stellen, ob es sich überhaupt um einen an sich hörbaren Aspekt handelt. Das gilt ebenso für die Verknüpfung von z.B. Phase und Amplitude. Ein Frequenzgang an sich ist kein hörbares Ereignis. Ein Phasenverlauf an sich ist auch kein hörbares Ereignis. Wir hören Druck-Zeit-Verläufe. Wir hören eine Schalldruckstruktur. Wenn wir darüber diskutieren, ob wir Phasenverschiebungen hören, dann müssen wir uns Gedanken machen, wie die aus einer Phasenverschiebung resultierende Schalldruckstruktur aussieht bzw. welche Auswirkung eine Phasenverschiebung auf die Schalldruckstruktur hat. Phasenverschiebungen von Dauertönen sind unhörbar, weil es keine Bezüge zu anderen Schallereignissen gibt. Phasenverschiebungen bestimmter Schallanteile innerhalb einer komplexen Schallstruktur sind dagegen sehr gut hörbar. Die Hörbarkeit möglichst linearer Amplitudenfrequenzgänge ist für sich betrachtet nicht diskutierbar, da wir Schallamplitudenwerte an sich nicht hören. Ein Schalldruckwert ist eine Konstante. Wir hören dagegen Schallamplitudenwertänderungen innerhalb einer Schallstruktur.
Die Phasenempfindlichkeit, so auch die Erkennung von Fehlern im Phasengang, unterscheidet sich je nach Frequenzbereich. Im empfindlichen Hörbereich nehmen wir auch die Phasenverschiebungen empfindlicher war. Bei tiefen Frequenzen tritt aufgrund der Wellenlängen das Phänomen auf, dass Phasenverschiebungen bei Übertragung eines Klanges (Frequenzgemisch) die Grund- und Obertöne zeitlich extrem auseinander ziehen, denn 45° Phasenverschiebung bei tiefen Tönen entspricht einer viel längeren Zeit als bei hohen Tönen mit deren kurzen Wellenlängen.

Der Hörsinn reagiert:

  • sehr empfindlich auf Phasenverschiebungen im Einschwingen (vor allem bei natürlichen Schallereignissen)
  • empfindlich auf Phasenverschiebungen innerhalb von Klängen
  • unempfindlich auf Phasenverschiebungen isolierter eingeschwungener Töne

Wenn wir uns über die Hörbarkeit von Messergebnissen unterhalten, dann können wir uns folglich nur über komplexe Schallereignisse unterhalten. Alle anderen Aussagen sind lediglich abstrakte subjektive Vorstellungen darüber, wie sich der ein oder andere Messwert auf das Hören auswirken könnte. Reine Spekulation! Niemand wird von sich behaupten, im Kopf aus dem Frequenzgang und der Gruppenlaufzeit auf die Schallstruktur schließen zu können. Sprungantworten sind komplexe Schallereignisse. Unterschiede in den Sprungantworten hören wir genauso wie wir das Knacken von Zweigen oder das Händeklatschen unterscheiden können. Das sind alles sehr kurze Schalldruckstrukturen die wir klar unterscheiden können. Wir hören sogar die unterschiedlichen Klangcharaktere. Das ist für jeden aus der natürlichen Hörerfahrung heraus klar zu bestätigen. Und was für Sprungantworten gilt, gilt auch für alle als Testsignal verwendeten Schallstrukturen, wie z.B. eine Sinusperiode oder ein Sinusburst etc.. Sie alle sind direkt hörbar.

Myro Ocean.jpg

Myro Ocean

Die Natur der Klänge

Natürliche Schallereignisse gründen im Prinzip auf der Anregung und dem Ausklingen. Am Beispiel einer Gitarren-Saite kann man den Vorgang gut beschreiben. Die Anregung der Saite erfolgt durch die Bewegungsenergie eines Fingers oder eines Plektrons. Die resulierende Initialschwingung der Saite ist ein Geräusch, das im wesentlichen von der Anschlagcharakteristik (Geschwindigkeit, Intensität, Ort) bestimmt wird. Unmittelbar nach der Anregung zwingt das Feder-Masse-System der Saite die Schwingungsfrequenz in Richtung der Resonanzfrequenz der Saite. Die Schwingungsenergie wird zudem auf dem Gitarrenkorpus übertragen und regt dort weitere Resonanzen an. All dies repräsentiert in der Summe den charakteristischen Klang dieses Instruments und die Spielweise des Musikers. Je nach Dämpfung der Saite klingt die Schwingung schnell oder langsam aus.
Die Einschwingvorgänge, auch Transienten genannt, beinhalten die höchsten Spitzenamplituden (Schallpegelmaxima) innerhalb der Musik. Sie sind vielfach lauter als das Ausklingen.
Die Transienten haben für die auditive Wahrnehmung eine herausragende Bedeutung. Sie sind maßgeblich für die Erkennung und Ortung von Schallereignissen. Ein Dauerton lässt sich praktisch nicht lokalisieren. Erst wenn einem Dauerton Transienten hinzugefügt werden, auch von sehr geringer Intensität (wie z.B. bei Verzerrungen), ist eine Ortung möglich. Wir orten Schallereignisse anhand ihrer Einschwingvorgänge. Daher ist es verständlich, dass sich bei der Lautsprecherwiedergabe eine möglichst richtige Wandlung der Einschwingvorgänge derart stark auf die räumliche Abbildung auswirkt.
Jeder neue Ton, jeder Laut einer Stimme, jede Note beginnt mit einer Transiente. Musik ist ein Transienten-Feuerwerk. Das macht die korrekte Reproduktion der Einschwingvorgänge so wichtig. Dauertöne unterschiedlicher Instrumente unterscheiden sich oft so wenig, so dass eine Unterscheidung der Instrumente nicht gelingt. Die Charakteristik der Einschwingvorgänge ist essentiell für das Erkennen und Orten von Schallquellen. Die wenigen Lautsprecher weltweit, die derart wandeln können, klingen darum impulsdynamischer, reiner, räumlich richtiger und authentischer. Fachmännisch betrachtet gehört die richtige Wandlung von Transienten zu der richtigen Übertragungsfunktion eines Lautsprechers, aber die Realisation dieses Anspruchs ist "nicht so einfach".
Die besondere Bedeutung der Einschwingvorgänge gründet zudem darin, dass unter Wohnraumbedingungen nur ein sehr kurzes Zeitfenster existiert, in dem wir den musikalischen Inhalt der Tonaufzeichnungen ungestört hören können. In einem typischen Hörraum vergehen weniger als 2 ms, bis die ersten Reflexionen dem ungetrübten Hörgenuss ein Ende bereiten. Danach hören wir eine Interaktion von Direktschall und Indirektschall (Reflexionen).




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