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(Warum braucht man Filter?)
 
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=== Warum braucht man Filter? ===
 
=== Warum braucht man Filter? ===
Lautsprecherchassis sind nicht perfekt. Darum müssen jedem Chassis Filter vorgeschaltet werden, die ein unerwünschtes Verhalten korrigieren und das Zusammenspiel mit den anderen Chassis des Lautsprechers optimieren. Dabei sind verschiedene Vorgehensweisen etabliert.<br />
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Lautsprecherchassis sind nicht perfekt. Darum müssen jedem Chassis Filter vorgeschaltet werden, die ein unerwünschtes Verhalten korrigieren und das Zusammenspiel mit den anderen Chassis des Lautsprechers optimieren. Mit Filtern sollte man nur Nichtlinearitäten korrigieren, die nicht nur unter bestimmten Winkeln auftreten. Es gibt viele [[Resonanzen]], die (z.B. auf Achse) zu extremen Überhöhungen führen, aber unter Winkeln (z.B. 30 Grad) eine Senke ausbilden, weil die Partialschwingungen sich unter diesem Winkel auslöschen. Gerade bei Chassis, die in ihrem oberen Übertragungsbereich offen betrieben werden, also bei Breitbändern, zeigen sich diese Probleme gnadenlos. (Und sie werden auch nicht durch den Schallanteil eines Hochtöners überdeckt.)
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Beste Frequenzweichen eliminieren in erster Linie detailfressende, Klirr-erzeugende Unsauberkeiten und schützen Chassis vor Betriebszuständen, die zu hohen Verzerrungen führen. Dabei sind verschiedene Vorgehensweisen etabliert.<br />
  
 
Die ''erste'' Entwicklerfraktion schwört darauf, mit möglichst steiler Begrenzung den Übertragungsbereich auf den mittleren, optimal nutzbaren Übertragungsbereich der Chassis zu begrenzen.<br />
 
Die ''erste'' Entwicklerfraktion schwört darauf, mit möglichst steiler Begrenzung den Übertragungsbereich auf den mittleren, optimal nutzbaren Übertragungsbereich der Chassis zu begrenzen.<br />
Der Nachteil: Stark verzerrte Einschwingvorgänge ohne die ursprünglichen zeitlichen Bezüge.
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Der Nachteil: Stark verzerrte Einschwingvorgänge ohne die ursprünglichen zeitlichen Bezüge. Steile Filter sind geradezu ein Paradebeispiel für Energievernichtungen bzw. -transformationen, für Subtraktionen (vor allem im Einschwingen!). Akustische Subtraktionen sind nicht per se ein Verlust. Sie können auch als willkommenes Hilfsmittel für die Korrektur fehlerhaften Übertragungsverhaltens genutzt werden. Das ist der intelligente Umgang damit. Aber auch das muss "dynamisch" gedacht werden.  
  
 
Die ''zweite'' Entwicklerfraktion schwört auf flache Filter (6 dB / Oktave), weil sich analog theoretisch nur damit zeitrichtige Lautsprecher bauen lassen.<br />
 
Die ''zweite'' Entwicklerfraktion schwört auf flache Filter (6 dB / Oktave), weil sich analog theoretisch nur damit zeitrichtige Lautsprecher bauen lassen.<br />
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Die Chassis verabschieden sich normalerweise knapp oberhalb und unterhalb der Trennfrequenz mit 18 dB/Oktave oder 12 dB/Okt. durch den Chassisverlauf plus z.B. Filter 1. Ordnung (6 dB/Okt.). Diese steilen Flanken sind bei analogen Lautsprechern wegen der starken Phasendrehung ein großes Problem in Bezug auf das Ziel des gleichphasigen, synchronen Einschwingens - der Bildung der Original-Schallform. Interferenzprobleme treten dabei in erster Linie durch nichtsymmetrische Chassisanordnung, in Bezug zur gemeinsam abgestrahlten Frequenz zu große Chassisabstände und durch die erwähnten Phasendrehungen auf. Weite Überlappungsbereiche mit linearem Flankenverlauf und minimalen Phasendrehungen sind, sofern man die symmetrische Anordnung und die ausreichend geringen Abstände einhält, hingegen relativ unproblematisch. Die Summenbildung funktioniert dann so gut, dass sich saubere Signalformen in der Summe ergeben. Findet man bezüglich der genannten Faktoren die richtige Mischung, so ist ein für die Wahrnehmung des Hörers im Abhörbereich gutes Abstahlverhalten erreichbar, und zwar ohne auf die richtige Wandlung der Schallsignale verzichten zu müssen.<br />
 
Die Chassis verabschieden sich normalerweise knapp oberhalb und unterhalb der Trennfrequenz mit 18 dB/Oktave oder 12 dB/Okt. durch den Chassisverlauf plus z.B. Filter 1. Ordnung (6 dB/Okt.). Diese steilen Flanken sind bei analogen Lautsprechern wegen der starken Phasendrehung ein großes Problem in Bezug auf das Ziel des gleichphasigen, synchronen Einschwingens - der Bildung der Original-Schallform. Interferenzprobleme treten dabei in erster Linie durch nichtsymmetrische Chassisanordnung, in Bezug zur gemeinsam abgestrahlten Frequenz zu große Chassisabstände und durch die erwähnten Phasendrehungen auf. Weite Überlappungsbereiche mit linearem Flankenverlauf und minimalen Phasendrehungen sind, sofern man die symmetrische Anordnung und die ausreichend geringen Abstände einhält, hingegen relativ unproblematisch. Die Summenbildung funktioniert dann so gut, dass sich saubere Signalformen in der Summe ergeben. Findet man bezüglich der genannten Faktoren die richtige Mischung, so ist ein für die Wahrnehmung des Hörers im Abhörbereich gutes Abstahlverhalten erreichbar, und zwar ohne auf die richtige Wandlung der Schallsignale verzichten zu müssen.<br />
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''Messtechnischer Nachweis:<br />
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''Man verwende ein Oszilloskop und messe ein Chassis mit einem Sinusburst, besser noch mit einer Sinusperiode oder einer Sinushalbwelle. Die Messung mit Sinusschwingungen (Sinusperioden) regt den Lautsprecher aus der Ruhestellung heraus in eindeutiger Form, äquivalent den natürlichen Schallereignissen, an. Beim Vorschalten verschiedener Filter sieht man bei gleichbleibendem zeitlichen Ursprung die der Filtersteilheit entsprechende Änderung der zeitlichen Ausdehnung der ersten Halbwelle und die Amplitudenänderungen.''
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Extreme Flankensteilheiten haben bei der Ankopplung verschiedener spezialisierter Chassis ihre Probleme. Dabei findet ein abrupter Übergang vom Abstrahlverhalten des einen (z.B. Tiefmitteltöner) auf den anderen (z.B. Hochtonkalotte) statt. Das ergibt im Polardiagramm (Frequenzgangbetrachtung) ebenfalls deutliche Einbrüche. Dagegen hilft nur ein Diffusor für den Tiefmitteltöner oder eine bündelnde Schallführung für den Hochtöner, wobei dabei ebenfalls ein Ungleichgewicht zwischen Grundtonbereich und Mittelhochtonbereich entsteht. In der digitalen Anfangseuphorie wurden supersteile Filter angewendet, die aus diesem und anderen Gründen wieder zurückgenommen wurden.<br />
 
Extreme Flankensteilheiten haben bei der Ankopplung verschiedener spezialisierter Chassis ihre Probleme. Dabei findet ein abrupter Übergang vom Abstrahlverhalten des einen (z.B. Tiefmitteltöner) auf den anderen (z.B. Hochtonkalotte) statt. Das ergibt im Polardiagramm (Frequenzgangbetrachtung) ebenfalls deutliche Einbrüche. Dagegen hilft nur ein Diffusor für den Tiefmitteltöner oder eine bündelnde Schallführung für den Hochtöner, wobei dabei ebenfalls ein Ungleichgewicht zwischen Grundtonbereich und Mittelhochtonbereich entsteht. In der digitalen Anfangseuphorie wurden supersteile Filter angewendet, die aus diesem und anderen Gründen wieder zurückgenommen wurden.<br />
 
Bei vertikaler Chassisanordnung ergibt sich für das vertikale Abstrahlverhalten ein weiterer Aspekt. Betrachten wir die Schallreproduktion der Einschwingvorgänge, so sind steilflankige Übergänge bei nichtsymmetrischer Chassisanordnung in der Regel sogar symmetrischen Anordnungen mit flacheren Übergängen unterlegen. Jede Anwendung verlangt ein auf die spezifischen Aufstellungsbedingungen ausgerichtetes Abstrahlverhalten. Digital und somit auch mit steilen Filtern lässt sich vieles korrigieren. Aber entspricht die Korrektur der Natur des Fehlers und kann sie außerhalb eines bestimmten Bezugspunktes ebenfalls stimmen?
 
Bei vertikaler Chassisanordnung ergibt sich für das vertikale Abstrahlverhalten ein weiterer Aspekt. Betrachten wir die Schallreproduktion der Einschwingvorgänge, so sind steilflankige Übergänge bei nichtsymmetrischer Chassisanordnung in der Regel sogar symmetrischen Anordnungen mit flacheren Übergängen unterlegen. Jede Anwendung verlangt ein auf die spezifischen Aufstellungsbedingungen ausgerichtetes Abstrahlverhalten. Digital und somit auch mit steilen Filtern lässt sich vieles korrigieren. Aber entspricht die Korrektur der Natur des Fehlers und kann sie außerhalb eines bestimmten Bezugspunktes ebenfalls stimmen?
  
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''Beispiel 1:''<br />
 
''Beispiel 1:''<br />
 
In Richtung eines bestimmten Bezugspunktes wird das Übertragungsverhalten gemessen und korrigiert. An diesem Bezugspunkt stehen die Laufzeiten der Chassis in einer bestimmten Relation, diese wird an diesem Ort korrigiert. Ändern wir den Bezugspunkt, ergeben sich völlig andere Laufzeitrelationen und die vorgenommenen Korrektur kann da unmöglich ebenfalls stimmen.
 
In Richtung eines bestimmten Bezugspunktes wird das Übertragungsverhalten gemessen und korrigiert. An diesem Bezugspunkt stehen die Laufzeiten der Chassis in einer bestimmten Relation, diese wird an diesem Ort korrigiert. Ändern wir den Bezugspunkt, ergeben sich völlig andere Laufzeitrelationen und die vorgenommenen Korrektur kann da unmöglich ebenfalls stimmen.
 
Damit werden dort die Signalformen, wird der Klang verzerrt.
 
Damit werden dort die Signalformen, wird der Klang verzerrt.
 
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Beispiel 2:<br />
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''Beispiel 2:''<br />
 
Lautsprecherchassis haben diverse Resonanzerscheinungen und somit einen ganz bestimmten Klangcharakter. Die Membranresonanzen beispielsweise sind aber nicht unter allen Abstrahlwinkeln gleich, bzw. wirken sich überhaupt aus. Korrigiert man die Membranresonanzen unter einem bestimmten Abstrahlwinkel, also in Bezug auf einen bestimmten Bezugspunkt, so schlägt diese Korrektur unter anderen Winkeln durchaus ins Gegenteil um.
 
Lautsprecherchassis haben diverse Resonanzerscheinungen und somit einen ganz bestimmten Klangcharakter. Die Membranresonanzen beispielsweise sind aber nicht unter allen Abstrahlwinkeln gleich, bzw. wirken sich überhaupt aus. Korrigiert man die Membranresonanzen unter einem bestimmten Abstrahlwinkel, also in Bezug auf einen bestimmten Bezugspunkt, so schlägt diese Korrektur unter anderen Winkeln durchaus ins Gegenteil um.
 
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Beispiel 3:<br />
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Bei einer steilen Trennung der Chassis wechselt der Klangcharakter, der durch die spezifischen Resonanzen und Nichtlinearitäten der Chassis entsteht, von einer Oktave zur anderen. Es klingt ein Steinway dann so, als wäre er im Bass ein Steinway, in den Mitten ein Bösendorfer o.ä. und in den oberen Oktaven ein Kawai-Flügel o.ä..
 
Bei einer steilen Trennung der Chassis wechselt der Klangcharakter, der durch die spezifischen Resonanzen und Nichtlinearitäten der Chassis entsteht, von einer Oktave zur anderen. Es klingt ein Steinway dann so, als wäre er im Bass ein Steinway, in den Mitten ein Bösendorfer o.ä. und in den oberen Oktaven ein Kawai-Flügel o.ä..
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Beispiel 4:
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''Beispiel 4:''<br />
 
Stimmen bei steiler Trennung die Richtcharakteristiken nicht exakt überein, so ergibt sich ein steiler Einbruch im Rundstrahlverhalten.
 
Stimmen bei steiler Trennung die Richtcharakteristiken nicht exakt überein, so ergibt sich ein steiler Einbruch im Rundstrahlverhalten.
 
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| [[Datei:Tower.jpg]]<br />
[[Datei:Amur Frequenz.jpg]]<br />
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''[[ESS AMT 1 Tower]]''
''Frequenzweiche der [[Myro Amur D]]''
 
 
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=== Was ist bei den Myro Weichen anders? ===
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=== Der analoge Allpass ===
Die Filter sind die Schlüsselelemente der Lautsprecher von ''Myro''. Finden sich andere konstruktive Elemente auch bei manch anderen Herstellern, so gibt es in den Myro-Frequenzfiltern einzigartige Technologien, welche das präzise Impulsverhalten erst ermöglichen.  
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Allpässe sorgen für Phasenverschiebungen, ohne die Amplitude zu ändern. Darum liegt die Vermutung nahe, dass man die akustischen Zentren der Chassis, mit Allpässen beschaltet, elektrisch korrigieren könnte, anstatt sie durch mechanischen Versatz in Übereinstimmung zu bringen. Doch dem ist nicht so. Ein Allpass kann nicht die gesamte Übertragungsbandbreite eines Chassis um eine bestimmte Zeit konstant verzögern. Ein Allpass verschiebt frequenzabhängig Energie. Er weist eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit auf, welche zur frequenzabhängigen Signalverzögerung verwendet werden kann. Da es diese Frequenzabhängigkeit gibt, wird man in der Praxis am realen Lautsprecher mit diesen Folgen konfrontiert. Man muss sich zwangsläufig mit der frequenzabhängigen Wirkweise auseinandersetzen.<br />
Steile Filter und eine Verpolung der Chassis gegeneinander scheiden grundsätzlich aus, weil dadurch die Form der Schallwellen stark verzerrt wird. Einfache Filter erster Ordnung (6 dB / Oktave) finden in der Praxis nicht die Idealbedingungen vor, die für eine korrekte Schallsumme erforderlich wären, da jedes Lautsprecherchassis selbst einen Bandpass darstellt mit den entsprechenden Phasenverschiebungen. Diese addieren sich zu jenen der Filter erster Ordnung. Die 6 dB Filter sind hingegen bei Myro teilweise Bestandteil viel komplexerer Schaltungen, die im wesentlichen die Chassis derart entzerren, dass diese zusammen das richtige Summensignal bilden, und zwar über den gesamten Zeitverlauf. Da die Filter für jedes Chassis und jede Chassis-Kombination individuell ausgelegt werden, gibt es kein einheitliches Schema.
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Analoge Filter verschieben nicht den zeitlichen Ursprung von Signalen. Daher eilt im Einschwingen diesbezüglich kein Chassis vor oder nach; der Beginn des Einschwingens bleibt unberührt. Es gibt kein analoges Filter, dass den Startpunkt eines Chassis auf der Zeitebene verschieben kann, denn die zeitverschiebende Wirkung analoger Filter setzt erst in der Folge ein. Filterschaltungen üben auf die Signalwandlung ''erst ab dem Startpunkt des Signals'' ihre zeitverschiebende, energieverzögernde Wirkung aus. Diese verstärkt sich um das gleichartige Eigenverhalten der Lautsprecherchassis. Der einzige Grund für ein Vor- oder Nacheilen im Einschwingen findet sich in unterschiedlich langen Wegstrecken von den Schallentstehungsorten zum Hörer / Mikrofon. Gruppenlaufzeitauswertungen, die davon abweichende Eindrücke vermitteln, zeigen uns die Problematik der messtechnischen Modelle auf. Die Unveränderbarkeit der Startpunkte kann man mit Oszilloskopmessungen im Einschwingen ganz leicht nachvollziehen.<br />
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Mitunter wird ein Trick angewandt: Die Startflanke des Tieftöners wird extrem geneigt, der schnelle Anteil wird so extrem weggefiltert, dass man den Eindruck haben könnte, es läge eine Zeitverschiebung des Startpunktes vor. Der zeitliche Ursprung wird aber nicht wirklich verzögert. Eine Verzögerungsleitung wäre dazu theoretisch in der Lage, die sich jedoch aus klanglichen Gründen verbietet.
Myro Frequenzfilter sind keine der üblichen Filter x-ter Ordnung. Es wird demzufolge kein Tiefpass mit z.B. 12 oder 18 dB / Oktave oder mehr erzeugt, der den realen Übertragungsverlauf mit seinen Resonanzphänomenen unberücksichtigt lässt und das Schallsignal zeitversetzt. Michael Weidlich entwickelte passive Frequenzfilter, welche dem Prinzip von Analogrechnern folgen und die Übertragungsverläufe der einzelnen Chassis derart korrigieren, dass sie im Zusammenspiel äußerst präzise die elektrischen Eingangssignale in Schall wandeln können. Diese Filter sind Voraussetzung für die zeitrichtige Wiedergabe, da sie den tatsächlichen akustischen Phasengang der Chassis berücksichtigen. Zudem werden die Übertragungsverläufe der Chassis derart in Bezug zueinander gesetzt, dass sie in der Summe bereits im Einschwingen "in Phase" sind und die richtige Schallsumme bereits bei der ersten Halbwelle eines Einschwingvorgangs (Transienten) ermöglichen. Dafür werden viele, teils sehr feinfühlig wirkende Filter entwickelt und nur dort, wo es die Chassis-Eigenschaften erfordern, verrichten äußerst wirkungsvolle Filter ihren Dienst. Die Frequenzweichenschaltung orientiert sich sozusagen am tatsächlichen Bedarf. Hierbei gibt es keine der drei oben genannten Filtermethoden. Bei Myro werden hingegen konsequent nur die Fehler der Chassis korrigiert bzw. "herausgefiltert". Die Impulsspitzen des Einschwingens werden entgegen üblicher Lautsprechertechnik nicht verzerrt und platt gemacht, was zu einer völlig anderen Dynamik und zu deutlich mehr Schallenergie führt. Insbesondere in den Übergangsbereichen der Chassis liefern übliche Lautsprecher bei den Transienten künstliche, in der Amplitude schwache Schallwellen mit einem andersartigen Frequenzgemisch als im Original. Dieses fehlerhafte dynamische Verhalten lässt sich, wie bereits mehrfach nachgewiesen und dargestellt, eindeutig hören und messtechnisch nachweisen.<br />
 
Herkömmliche Lautsprecher haben eine relativ schwache Impulsdynamik, besonders in den Stimmbereichen. Das ist falsche Musikwiedergabe, prägt aber bei langjährigem intensiven Konsum die Hörgewohnheiten. Wenn in Tonstudios über solche Monitore abgehört wird, können die Tonmeister die Impulsenergie und die dynamische Tonalität nicht richtig einschätzen und neigen zu Übertreibungen in diesen Bereichen.<br />
 
Die Myro Weichenschaltung lässt Steilheiten von weniger als 6 dB / Okt. in Bereichen zu, wo dies erwünscht ist und erreicht Steilheiten von weit über 30 dB / Okt., wo es erforderlich ist, um einen entsprechenden Fehler zu korrigieren. Für Abweichungen von den 6 dB/Okt.-Flanken gilt, ''"aber in der Summe linearphasig."'' Das ist das ausreichende Kriterium für die zeitrichtige Wiedergabe. Ansonsten würden die Sprungantworten nicht perfekt aussehen.<br />
 
In der Summe entsteht dabei eine Weiche, die im Prinzip "minimalistisch" ist, da sie nur punktuell auf die Fehler jedes Chassis eingeht. Aufgrund dessen lassen sich mit den Myro Frequenzfiltern nur schmalbandige Korrekturen erreichen. Für die Entwicklung impulsdynamisch phasenlinearer Wandler gilt daher: Die Anforderungen an die Übertragungsbandbreite und Linearität sind enorm. Breitbandige Nichtlinearitäten lassen sich hingegen nur mit den eingangs erwähnten Entwicklermethoden korrigieren und taugen daher nicht für zeitrichtige Lautsprecher. Dasselbe gilt für die Serienkonstanz. Und die dynamischen Reserven der verwendeten Systeme müssen überdurchschnittlich sein. So ist die Verwendung hochwertiger Chassis Pflicht und die sorgfältige Vorauswahl zu einem Lautsprecherkonzept ein wesentlicher Bestandteil, um zu einem erfolgreichen Ergebnis zu gelangen.
 
Es darf kein Fehler in der Konzeption sein, jedes Kriterium ist auch ein Ausschlusskriterium! Solche Anforderungen kosten entsprechend viel Geld.<br />
 
  
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Die Digitaltechnik bietet hier erweiterte Möglichkeiten. In digitalen Frequenzweichen lassen sich Werte kurzzeitig zwischenspeichern und nach einer definierten Zeit wieder auslesen. Damit erreicht man den digitalen Gegenpart zur analogen Verzögerungsleitung ohne deren Nebenwirkungen. Duch den Einsatz digitaler Frequenzweichen lässt sich damit die Gehäusekonstruktion tatsächlich vereinfachen.
 
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=== Die Dualität elektrischer und mechanischer Größen ===
 
Um die besonderen Eigenschaften der Myro Frequenzfilter zu erreichen, wurde ein altes technisches Prinzip reaktiviert und neu umgesetzt. Es ist bekannt, dass sich mechanische und elektronische Systeme physikalisch gleich verhalten, wenn ihre dual zueinander stehenden Größen entsprechend gleich vorkommen. Zum Beispiel verhält sich die Reihenschaltung von elektrischen Kondensatoren exakt genau so wie die Parallelschaltung mechanischer Federn. Die Formeln zur Berechnung des Gesamtverhaltens sind in beiden Fällen gleich. Für andere elektrische und mechanische Größen gibt es entsprechende Zusammenhänge. Die Kenntnis um diese Dualität hat man sich zum Beispiel in früherer Zeit, vor dem Computerzeitalter, zu nutze gemacht, um die Stabilität von Brückenbauwerken zu untersuchen. Um die Konstruktion der Brücke möglichst unanfällig gegen Schwingungen zu gestalten, wurden ihre mechanischen Kenngrößen in eine elektrische Schaltung umgesetzt, welche kostengünstig und ohne Gefahr auf ihre Stabilität und Schwingneigung untersucht wurde. Mit diesen Erkenntnissen und zurück gewandelt in mechanische Größen, konnte anschließend ein Bauwerk mit maximaler Stabilität errichtet werden. <br />
 
Die Myro Frequenzfilter bedienen sich desselben Konzepts, indem die mechanischen Resonanzen des Lautsprechers im Filter elektrisch, aber invers, nachgebildet werden. Die analogen Frequenzfilter der myro Frequenzweichen bilden das Spiegelbild des zu korrigierenden akustischen Phänomens unter Berücksichtigung der Impedanz bzw. unter Einbeziehung von deren Korrektur.
 
Sie haben zudem die Aufgabe einen Hoch- bzw. Tiefpass zu ermöglichen, der für eine zeitsynchrone, phasenlineare Übernahme zum angrenzenden Übertragungsbereich geeignet ist. Dieses Notch-Filter wirkt der Resonanz in ihren kompletten Eigenschaften damit entgegen und entzieht ihr die Energie. Die präzise Nachbildung einer mechanischen Resonanz führt dabei mitunter Filtern erheblicher Komplexität, die, obwohl sie nur gering in das Signal eingreifen, zahlreiche Bauteile in aufwändiger Verschaltung erfordern.
 
  
 
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=== Notch-Filter ===
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=== Wären Aktivlautsprecher besser? ===
Die Funktionsweise eines Notch-Filters im Signalweg zum Lautsprecher besteht darin, dass dem Chassis weniger Energie in einem definierten Bereich zugeführt wird.<br />
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Lautsprecherchassis haben Serienstreuungen - und zwar sehr deutliche, leider auch bei den renommierten Herstellern. Eine sehr gute Signalantwort erhält man nur, wenn (trotz Selektion der Chassis) jeder Lautsprecher einzeln abgestimmt wird. Nicht selten muss man dabei das Schaltungslayout ändern. Bei passiven Lautsprechern kann man das problemlos tun. Bei aktiven Lautsprechern aber, wo entsprechende EU-Richtlinien (EMV) greifen, mit Prüfungen und Konformitätserklärungen, würden die Herstellungskosten und der Aufwand wegen des bürokratischen Aufwands explodieren. Eine so penible Arbeit, wie ''Myro'' sie macht, ist passiv leichter machbar. Und es so zu tun bestimmt aller Erfahrung nach viel mehr das klangliche Resultat. Richtig gut abgestimmte passive Filter, unter Berücksichtigung des Chassisverhaltens über dessen zeitlichen Verlauf, führen zu einer Gesamtlast für den Verstärker, die bezüglich Impedanz und elektrischer Phase (über dessen zeitlichen Verlauf) gutmütiger sein kann als ein einzelnes Chassis am Verstärkerausgang. Wenn man im Bass mit sogenannten Null-Ohm-Spulen operiert, verliert man auch kaum etwas an Dämpfung. Manch schlecht sitzende oder oxidierte Steckverbindung oder eine schlechte Lötstelle hat einen höheren Innenwiderstand. Die Endstufe kann man auch direkt an die Lautsprecher stellen, damit es keine langen Kabelwege gibt.  
Eine mechanische Resonanz (z.B. Membranresonanz) kann durch ein Notch-Filter nachgebildet werden und zwar in ''Frequenz, Güte'' und dem entsprechend ''mit der gleichen Zeitkonstante'', welche die mechanische Resonanz selbst besitzt, sodass selbst das Einschwingen in Richtung der Resonanz gleichzeitig verläuft. Notchfilter und Membranresonanz verhalten sich damit zeitsynchron. Dadurch werden die Membran-bedingten Nichtlinearitäten des Chassis ausgeglichen, im Frequenzgang, im Verzerrungsspektrum und über die Zeit.
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(Kupferfolien-Null-Ohm-Spule + Endstufe direkt an der Box = super Dämpfung)<br />
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Außerdem ist die Güte des Basslautsprechers und dessen Einbausituation genauso entscheidend. Die großzügig dimensionierte elektrische / thermische Belastbarkeit der Weichenbauteile vertreibt auch hier die Sorgen.
Notch-Filter können als Sperrkreis (RCL-Parallelschaltung) in Reihe zum Chassis oder als Saugkreis (RCL-Reihenschaltung) parallel zum Chassis geschaltet werden. Ein Saugkreis funktioniert nur in Verbindung mit einem Vorwiderstand (Widerstand ''R'' / Spule ''L'' / Kondensator ''C'') im Signalweg (in Reihe) zum Chassis. Ein perfekt gefiltertes Chassis klingt weitgehend neutral und verliert den materialtypischen Eigenklang.
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Das Argument der Endstufenqualität ist auch zu bedenken. Man sollte ungern darauf verzichten, z.B. die [[Myro Whisky]] oder die [[Myro Ocean]] an einem sehr guten Verstärker wie den Audionet Max zu betreiben. Bei den vorgegebenen Verstärkern in einer Aktivbox ist man aber festgelegt und limitiert. Niemand baut in eine Drei-Wege-Aktivbox Endstufen eines solchen Kalibers ein. Das würde den Grundpreis ins Abseits treiben. Den großen Unterschied gibt es nicht im Konzept - Aktiv / Passiv / Analog / Digital - sondern in der Genauigkeit der Wandlung.
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Fehler dabei führen zu viel größeren Klangverzerrungen als die prinzipiellen Unterschiede der genannten Konzepte.
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=== Bauteile ===
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=== Können digitale Filter alles besser? ===
Die Qualität der Frequenzweichenbauteile wird oftmals unterschätzt oder schlicht ignoriert, denn die Frequenzweichen befinden sich im Verborgenen und entziehen sich dem Blick und meistens auch der Fachkenntnis des Betrachters. Dennoch bestimmen sie maßgeblich die Klangqualität. Der Unterschied zwischen einer Bestückung mit "Standard-Qualität" und einer mit exzellenten Bauteilen kann durchaus dem Unterschied von durchschnittlichen zu exzellenten Elektronikkomponenten der Hifi-Anlage entsprechen. Wenn man im Bass mit sogenannten Null-Ohm-Spulen operiert, verliert man kaum etwas an Dämpfung. Manch schlecht sitzende oder oxidierte Steckverbindung oder eine schlechte Lötstelle hat einen höheren Innenwiderstand. Im Interesse des besten klanglichen Ergebnisses finden daher in den Myro Frequenzfiltern ausschließlich sehr hochwertige Bauteile Anwendung.  
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Digitale Filter können zwar einige Probleme lösen, sind aber analogen Filtern nicht in allen Punkten überlegen. Mit ihnen kann man zum Beispiel [[die akustischen Zentren der Chassis]] korrigieren, ohne dass eine schräge Schallwand erforderlich wäre. Auch können steilflankige Filter ohne starke Phasendrehungen generiert werden. Damit wird die Auswahl geeigneter Chassis erleichtert.<br />
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Die zu verwendende Flankensteilheit eines Filters unterliegt auch bei digitalen Filtern unterschiedlichen Optimierungskriterien. Ein sehr steiles Filter sperrt zum Beispiel Frequenzbereiche, welche ein Chassis nicht gut wiedergeben kann (erhöhter Klirr, aufbrechende Membran), besser aus. Allerdings haben steile Filter unabdingbar auch ein längeres Ringing wegen der Schärfe des Knicks. Nun spielt aber nicht ein Chassis allein, sondern es spielen mindestens zwei Chassis bei einer Weiche zusammen und dabei schwingen sie im zeitlichen Einschwingbereich der Filter gegeneinander und erzeugen dabei eine (notwendige) gegenseitige Auslöschung. Man kann sich aber leicht vorstellen, dass mit dem hinzukommenden Eigenverhalten der Chassis das Auslöschen nicht perfekt ist. Und je länger das Ringing stattfindet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht perfekt passt. Schon hört man den Unterschied im Vergleich zu einem flachen Filter.<br>
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Auch für die Abstimmung eines digitalen Filters, z.B. eines FIR-Filters, ist es ebenso erforderlich, einen Ort zu definieren, auf den sich alle Maßnahmen beziehen: einen definierten Abstand, einen definierten Winkel. Linearisiert man nun die Schallantwort eines Lautsprechers an diesem Ort, so fällt dieses Konstrukt, beispielweise unter einem vertikalen Winkel, bei vertikaler Chassisanordnung in sich zusammen. Und zwar genau so bei steilflankigen Filtern. Interferenzen gibt es nicht nur bei der Überlagerung von eingeschwungenen Tönen, sondern auch bei Impulsen und Einschwingvorgängen aller Art. Unter einem vertikalen Winkel bei vertikaler Chassisanordnung sind die Schalllaufzeiten der unterschiedlichen Chassis zum Erfassungspunkt ungleich. Damit ist die Reproduktion eines Impulses / Einschwingvorganges nicht mehr möglich. Der elektroakustische Wandler wandelt falsch!
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Was FIR-Filter auch nicht ändern können, sind die Partialschwingungen einer Membran und das - insbesondere bei Breitbändern - oft sehr ungleichmäßige Abstrahlverhalten.
 
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[[Datei:P 100107.jpg]]<br />
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[[Datei:45610268.jpg]]<br />
''[[Myro Rebell]]''
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''[[MW Profidelity]]''
 
 
 
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=== Der analoge Allpass ===
 
Allpässe sorgen für Phasenverschiebungen, ohne die Amplitude zu ändern. Darum liegt die Vermutung nahe, dass man die akustischen Zentren der Chassis, mit Allpässen beschaltet, elektrisch korrigieren könnte, anstatt sie durch mechanischen Versatz in Übereinstimmung zu bringen. Doch dem ist nicht so. Ein Allpass kann nicht die gesamte Übertragungsbandbreite eines Chassis um eine bestimmte Zeit konstant verzögern. Ein Allpass verschiebt frequenzabhängig Energie. Er weist eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit auf, welche zur frequenzabhängigen Signalverzögerung verwendet werden kann. Da es diese Frequenzabhängigkeit gibt, wird man in der Praxis am realen Lautsprecher mit diesen Folgen konfrontiert. Man muss sich zwangsläufig mit der frequenzabhängigen Wirkweise auseinandersetzen.<br />
 
Analoge Filter verschieben nicht den zeitlichen Ursprung von Signalen. Der Beginn des Einschwingens bleibt unberührt. Es gibt kein analoges Filter, dass den Startpunkt eines Chassis auf der Zeitebene verschieben kann, denn die zeitverschiebende Wirkung analoger Filter setzt erst in der Folge ein. Gruppenlaufzeitauswertungen, die davon abweichende Eindrücke vermitteln, zeigen uns die Problematik der messtechnischen Modelle auf. Die Unveränderbarkeit der Startpunkte kann man mit Oszilloskopmessungen im Einschwingen ganz leicht nachvollziehen.<br />
 
Mitunter wird ein Trick angewandt: Die Startflanke des Tieftöners wird extrem geneigt, der schnelle Anteil wird so extrem weggefiltert, dass man den Eindruck haben könnte, es läge eine Zeitverschiebung des Startpunktes vor. Der zeitliche Ursprung wird aber nicht wirklich verzögert. Eine Verzögerungsleitung wäre dazu theoretisch in der Lage, die sich jedoch aus klanglichen Gründen verbietet.
 
 
Die Digitaltechnik bietet hier erweiterte Möglichkeiten. In digitalen Frequenzweichen lassen sich Werte kurzzeitig zwischenspeichern und nach einer definierten Zeit wieder auslesen. Damit erreicht man den digitalen Gegenpart zur analogen Verzögerungsleitung ohne deren Nebenwirkungen. Duch den Einsatz digitaler Frequenzweichen lässt sich damit die Gehäusekonstruktion tatsächlich vereinfachen.
 
 
  
  
 
<''zurück: [[Myroklopädie]]''><br />
 
<''zurück: [[Myroklopädie]]''><br />
 
<''zurück: [[Myro]]''>
 
<''zurück: [[Myro]]''>
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[[Kategorie:Lexikon]]

Aktuelle Version vom 10. März 2023, 15:43 Uhr

Warum braucht man Filter?[Bearbeiten]

Lautsprecherchassis sind nicht perfekt. Darum müssen jedem Chassis Filter vorgeschaltet werden, die ein unerwünschtes Verhalten korrigieren und das Zusammenspiel mit den anderen Chassis des Lautsprechers optimieren. Mit Filtern sollte man nur Nichtlinearitäten korrigieren, die nicht nur unter bestimmten Winkeln auftreten. Es gibt viele Resonanzen, die (z.B. auf Achse) zu extremen Überhöhungen führen, aber unter Winkeln (z.B. 30 Grad) eine Senke ausbilden, weil die Partialschwingungen sich unter diesem Winkel auslöschen. Gerade bei Chassis, die in ihrem oberen Übertragungsbereich offen betrieben werden, also bei Breitbändern, zeigen sich diese Probleme gnadenlos. (Und sie werden auch nicht durch den Schallanteil eines Hochtöners überdeckt.) Beste Frequenzweichen eliminieren in erster Linie detailfressende, Klirr-erzeugende Unsauberkeiten und schützen Chassis vor Betriebszuständen, die zu hohen Verzerrungen führen. Dabei sind verschiedene Vorgehensweisen etabliert.

Die erste Entwicklerfraktion schwört darauf, mit möglichst steiler Begrenzung den Übertragungsbereich auf den mittleren, optimal nutzbaren Übertragungsbereich der Chassis zu begrenzen.
Der Nachteil: Stark verzerrte Einschwingvorgänge ohne die ursprünglichen zeitlichen Bezüge. Steile Filter sind geradezu ein Paradebeispiel für Energievernichtungen bzw. -transformationen, für Subtraktionen (vor allem im Einschwingen!). Akustische Subtraktionen sind nicht per se ein Verlust. Sie können auch als willkommenes Hilfsmittel für die Korrektur fehlerhaften Übertragungsverhaltens genutzt werden. Das ist der intelligente Umgang damit. Aber auch das muss "dynamisch" gedacht werden.

Die zweite Entwicklerfraktion schwört auf flache Filter (6 dB / Oktave), weil sich analog theoretisch nur damit zeitrichtige Lautsprecher bauen lassen.
Der Nachteil: Die Chassis werden in Grenzbereichen betrieben und verzerren infolge ihrer Nichtlinearitäten.

Die dritte Entwicklerfraktion verwendet mittelstarke Flankensteilheiten (12 - 18 dB / Oktave) im Sinne eines Kompromisses. Solche Abstimmungen sind die am häufigsten anzutreffenden. Sie sind einigermaßen belastbar, wenig aufwändig, vergleichsweise billig unter Berücksichtigung des Gesamtaufwands bei der Entwicklung und bei der Umsetzung innerhalb der Fertigung.
Der Nachteil: Die Einschwingvorgänge werden auch hier verzerrt und die Chassis werden zumindest anteilig im nichtlinearen Bereich betrieben.

Myro Whisky Weiche.jpg

Frequenzweiche der Myro Whisky

Die Chassis verabschieden sich normalerweise knapp oberhalb und unterhalb der Trennfrequenz mit 18 dB/Oktave oder 12 dB/Okt. durch den Chassisverlauf plus z.B. Filter 1. Ordnung (6 dB/Okt.). Diese steilen Flanken sind bei analogen Lautsprechern wegen der starken Phasendrehung ein großes Problem in Bezug auf das Ziel des gleichphasigen, synchronen Einschwingens - der Bildung der Original-Schallform. Interferenzprobleme treten dabei in erster Linie durch nichtsymmetrische Chassisanordnung, in Bezug zur gemeinsam abgestrahlten Frequenz zu große Chassisabstände und durch die erwähnten Phasendrehungen auf. Weite Überlappungsbereiche mit linearem Flankenverlauf und minimalen Phasendrehungen sind, sofern man die symmetrische Anordnung und die ausreichend geringen Abstände einhält, hingegen relativ unproblematisch. Die Summenbildung funktioniert dann so gut, dass sich saubere Signalformen in der Summe ergeben. Findet man bezüglich der genannten Faktoren die richtige Mischung, so ist ein für die Wahrnehmung des Hörers im Abhörbereich gutes Abstahlverhalten erreichbar, und zwar ohne auf die richtige Wandlung der Schallsignale verzichten zu müssen.

Messtechnischer Nachweis:
Man verwende ein Oszilloskop und messe ein Chassis mit einem Sinusburst, besser noch mit einer Sinusperiode oder einer Sinushalbwelle. Die Messung mit Sinusschwingungen (Sinusperioden) regt den Lautsprecher aus der Ruhestellung heraus in eindeutiger Form, äquivalent den natürlichen Schallereignissen, an. Beim Vorschalten verschiedener Filter sieht man bei gleichbleibendem zeitlichen Ursprung die der Filtersteilheit entsprechende Änderung der zeitlichen Ausdehnung der ersten Halbwelle und die Amplitudenänderungen.

Extreme Flankensteilheiten haben bei der Ankopplung verschiedener spezialisierter Chassis ihre Probleme. Dabei findet ein abrupter Übergang vom Abstrahlverhalten des einen (z.B. Tiefmitteltöner) auf den anderen (z.B. Hochtonkalotte) statt. Das ergibt im Polardiagramm (Frequenzgangbetrachtung) ebenfalls deutliche Einbrüche. Dagegen hilft nur ein Diffusor für den Tiefmitteltöner oder eine bündelnde Schallführung für den Hochtöner, wobei dabei ebenfalls ein Ungleichgewicht zwischen Grundtonbereich und Mittelhochtonbereich entsteht. In der digitalen Anfangseuphorie wurden supersteile Filter angewendet, die aus diesem und anderen Gründen wieder zurückgenommen wurden.
Bei vertikaler Chassisanordnung ergibt sich für das vertikale Abstrahlverhalten ein weiterer Aspekt. Betrachten wir die Schallreproduktion der Einschwingvorgänge, so sind steilflankige Übergänge bei nichtsymmetrischer Chassisanordnung in der Regel sogar symmetrischen Anordnungen mit flacheren Übergängen unterlegen. Jede Anwendung verlangt ein auf die spezifischen Aufstellungsbedingungen ausgerichtetes Abstrahlverhalten. Digital und somit auch mit steilen Filtern lässt sich vieles korrigieren. Aber entspricht die Korrektur der Natur des Fehlers und kann sie außerhalb eines bestimmten Bezugspunktes ebenfalls stimmen?

Beispiel 1:
In Richtung eines bestimmten Bezugspunktes wird das Übertragungsverhalten gemessen und korrigiert. An diesem Bezugspunkt stehen die Laufzeiten der Chassis in einer bestimmten Relation, diese wird an diesem Ort korrigiert. Ändern wir den Bezugspunkt, ergeben sich völlig andere Laufzeitrelationen und die vorgenommenen Korrektur kann da unmöglich ebenfalls stimmen. Damit werden dort die Signalformen, wird der Klang verzerrt.

Beispiel 2:
Lautsprecherchassis haben diverse Resonanzerscheinungen und somit einen ganz bestimmten Klangcharakter. Die Membranresonanzen beispielsweise sind aber nicht unter allen Abstrahlwinkeln gleich, bzw. wirken sich überhaupt aus. Korrigiert man die Membranresonanzen unter einem bestimmten Abstrahlwinkel, also in Bezug auf einen bestimmten Bezugspunkt, so schlägt diese Korrektur unter anderen Winkeln durchaus ins Gegenteil um.

Beispiel 3:
Bei einer steilen Trennung der Chassis wechselt der Klangcharakter, der durch die spezifischen Resonanzen und Nichtlinearitäten der Chassis entsteht, von einer Oktave zur anderen. Es klingt ein Steinway dann so, als wäre er im Bass ein Steinway, in den Mitten ein Bösendorfer o.ä. und in den oberen Oktaven ein Kawai-Flügel o.ä..

Beispiel 4:
Stimmen bei steiler Trennung die Richtcharakteristiken nicht exakt überein, so ergibt sich ein steiler Einbruch im Rundstrahlverhalten.

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ESS AMT 1 Tower

Der analoge Allpass[Bearbeiten]

Allpässe sorgen für Phasenverschiebungen, ohne die Amplitude zu ändern. Darum liegt die Vermutung nahe, dass man die akustischen Zentren der Chassis, mit Allpässen beschaltet, elektrisch korrigieren könnte, anstatt sie durch mechanischen Versatz in Übereinstimmung zu bringen. Doch dem ist nicht so. Ein Allpass kann nicht die gesamte Übertragungsbandbreite eines Chassis um eine bestimmte Zeit konstant verzögern. Ein Allpass verschiebt frequenzabhängig Energie. Er weist eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit auf, welche zur frequenzabhängigen Signalverzögerung verwendet werden kann. Da es diese Frequenzabhängigkeit gibt, wird man in der Praxis am realen Lautsprecher mit diesen Folgen konfrontiert. Man muss sich zwangsläufig mit der frequenzabhängigen Wirkweise auseinandersetzen.
Analoge Filter verschieben nicht den zeitlichen Ursprung von Signalen. Daher eilt im Einschwingen diesbezüglich kein Chassis vor oder nach; der Beginn des Einschwingens bleibt unberührt. Es gibt kein analoges Filter, dass den Startpunkt eines Chassis auf der Zeitebene verschieben kann, denn die zeitverschiebende Wirkung analoger Filter setzt erst in der Folge ein. Filterschaltungen üben auf die Signalwandlung erst ab dem Startpunkt des Signals ihre zeitverschiebende, energieverzögernde Wirkung aus. Diese verstärkt sich um das gleichartige Eigenverhalten der Lautsprecherchassis. Der einzige Grund für ein Vor- oder Nacheilen im Einschwingen findet sich in unterschiedlich langen Wegstrecken von den Schallentstehungsorten zum Hörer / Mikrofon. Gruppenlaufzeitauswertungen, die davon abweichende Eindrücke vermitteln, zeigen uns die Problematik der messtechnischen Modelle auf. Die Unveränderbarkeit der Startpunkte kann man mit Oszilloskopmessungen im Einschwingen ganz leicht nachvollziehen.
Mitunter wird ein Trick angewandt: Die Startflanke des Tieftöners wird extrem geneigt, der schnelle Anteil wird so extrem weggefiltert, dass man den Eindruck haben könnte, es läge eine Zeitverschiebung des Startpunktes vor. Der zeitliche Ursprung wird aber nicht wirklich verzögert. Eine Verzögerungsleitung wäre dazu theoretisch in der Lage, die sich jedoch aus klanglichen Gründen verbietet.

Die Digitaltechnik bietet hier erweiterte Möglichkeiten. In digitalen Frequenzweichen lassen sich Werte kurzzeitig zwischenspeichern und nach einer definierten Zeit wieder auslesen. Damit erreicht man den digitalen Gegenpart zur analogen Verzögerungsleitung ohne deren Nebenwirkungen. Duch den Einsatz digitaler Frequenzweichen lässt sich damit die Gehäusekonstruktion tatsächlich vereinfachen.

Wären Aktivlautsprecher besser?[Bearbeiten]

Lautsprecherchassis haben Serienstreuungen - und zwar sehr deutliche, leider auch bei den renommierten Herstellern. Eine sehr gute Signalantwort erhält man nur, wenn (trotz Selektion der Chassis) jeder Lautsprecher einzeln abgestimmt wird. Nicht selten muss man dabei das Schaltungslayout ändern. Bei passiven Lautsprechern kann man das problemlos tun. Bei aktiven Lautsprechern aber, wo entsprechende EU-Richtlinien (EMV) greifen, mit Prüfungen und Konformitätserklärungen, würden die Herstellungskosten und der Aufwand wegen des bürokratischen Aufwands explodieren. Eine so penible Arbeit, wie Myro sie macht, ist passiv leichter machbar. Und es so zu tun bestimmt aller Erfahrung nach viel mehr das klangliche Resultat. Richtig gut abgestimmte passive Filter, unter Berücksichtigung des Chassisverhaltens über dessen zeitlichen Verlauf, führen zu einer Gesamtlast für den Verstärker, die bezüglich Impedanz und elektrischer Phase (über dessen zeitlichen Verlauf) gutmütiger sein kann als ein einzelnes Chassis am Verstärkerausgang. Wenn man im Bass mit sogenannten Null-Ohm-Spulen operiert, verliert man auch kaum etwas an Dämpfung. Manch schlecht sitzende oder oxidierte Steckverbindung oder eine schlechte Lötstelle hat einen höheren Innenwiderstand. Die Endstufe kann man auch direkt an die Lautsprecher stellen, damit es keine langen Kabelwege gibt. (Kupferfolien-Null-Ohm-Spule + Endstufe direkt an der Box = super Dämpfung)
Außerdem ist die Güte des Basslautsprechers und dessen Einbausituation genauso entscheidend. Die großzügig dimensionierte elektrische / thermische Belastbarkeit der Weichenbauteile vertreibt auch hier die Sorgen. Das Argument der Endstufenqualität ist auch zu bedenken. Man sollte ungern darauf verzichten, z.B. die Myro Whisky oder die Myro Ocean an einem sehr guten Verstärker wie den Audionet Max zu betreiben. Bei den vorgegebenen Verstärkern in einer Aktivbox ist man aber festgelegt und limitiert. Niemand baut in eine Drei-Wege-Aktivbox Endstufen eines solchen Kalibers ein. Das würde den Grundpreis ins Abseits treiben. Den großen Unterschied gibt es nicht im Konzept - Aktiv / Passiv / Analog / Digital - sondern in der Genauigkeit der Wandlung. Fehler dabei führen zu viel größeren Klangverzerrungen als die prinzipiellen Unterschiede der genannten Konzepte.


Können digitale Filter alles besser?[Bearbeiten]

Digitale Filter können zwar einige Probleme lösen, sind aber analogen Filtern nicht in allen Punkten überlegen. Mit ihnen kann man zum Beispiel die akustischen Zentren der Chassis korrigieren, ohne dass eine schräge Schallwand erforderlich wäre. Auch können steilflankige Filter ohne starke Phasendrehungen generiert werden. Damit wird die Auswahl geeigneter Chassis erleichtert.
Die zu verwendende Flankensteilheit eines Filters unterliegt auch bei digitalen Filtern unterschiedlichen Optimierungskriterien. Ein sehr steiles Filter sperrt zum Beispiel Frequenzbereiche, welche ein Chassis nicht gut wiedergeben kann (erhöhter Klirr, aufbrechende Membran), besser aus. Allerdings haben steile Filter unabdingbar auch ein längeres Ringing wegen der Schärfe des Knicks. Nun spielt aber nicht ein Chassis allein, sondern es spielen mindestens zwei Chassis bei einer Weiche zusammen und dabei schwingen sie im zeitlichen Einschwingbereich der Filter gegeneinander und erzeugen dabei eine (notwendige) gegenseitige Auslöschung. Man kann sich aber leicht vorstellen, dass mit dem hinzukommenden Eigenverhalten der Chassis das Auslöschen nicht perfekt ist. Und je länger das Ringing stattfindet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht perfekt passt. Schon hört man den Unterschied im Vergleich zu einem flachen Filter.
Auch für die Abstimmung eines digitalen Filters, z.B. eines FIR-Filters, ist es ebenso erforderlich, einen Ort zu definieren, auf den sich alle Maßnahmen beziehen: einen definierten Abstand, einen definierten Winkel. Linearisiert man nun die Schallantwort eines Lautsprechers an diesem Ort, so fällt dieses Konstrukt, beispielweise unter einem vertikalen Winkel, bei vertikaler Chassisanordnung in sich zusammen. Und zwar genau so bei steilflankigen Filtern. Interferenzen gibt es nicht nur bei der Überlagerung von eingeschwungenen Tönen, sondern auch bei Impulsen und Einschwingvorgängen aller Art. Unter einem vertikalen Winkel bei vertikaler Chassisanordnung sind die Schalllaufzeiten der unterschiedlichen Chassis zum Erfassungspunkt ungleich. Damit ist die Reproduktion eines Impulses / Einschwingvorganges nicht mehr möglich. Der elektroakustische Wandler wandelt falsch! Was FIR-Filter auch nicht ändern können, sind die Partialschwingungen einer Membran und das - insbesondere bei Breitbändern - oft sehr ungleichmäßige Abstrahlverhalten.

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MW Profidelity


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